Erwerbsminderungsrente setzt Vorversicherungszeit voraus

Voraussetzungen der Erwerbsminderungsrente

Eine Erwerbsminderungsrente wird nur dann gewährt, wenn alle gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt sind. Dass die gesundheitlichen Voraussetzungen vorliegen müssen, ist allgemein bekannt. Weniger bekannt sind die versicherungsrechtliche Voraussetzung der Vorversicherungszeit.

Was ist die Vorversicherungszeit?

Versicherte können eine Erwerbsminderungsrente nur beanspruchen, wenn sie in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben. Diese Regelung wird auch „Drei-Fünftel-Belegung“ genannt. Dieser Fünf-Jahres-Zeitraum verlängert sich, wenn die in § 43 Absatz 4 Sozialgesetzbuch VI genannten Voraussetzungen erfüllt sind.

Beschluss des Bundessozialgerichts vom 22.07.2020 zum Aktenzeichen B 13 R 14/19 BH

Ein Versicherter meinte, diese versicherungsrechtliche Voraussetzung ist verfassungswidrig und wollte über Prozesskostenhilfe bis zum Bundessozialgericht. Hierauf führte diese aus, dass es höchstrichterlich bereits geklärt sei, dass das Erfordernis der Drei-Fünftel-Belegung verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden ist.

Daher wurde der Antrag des Klägers auf Gewährung von Prozesskostenhilfe abgelehnt.

Die Gründe des Bundessozialgerichts

Da ein Anspruch des Klägers auf Gewährung einer Erwerbsminderungsrente zutreffend vom Landessozialgericht verneint, besteht auch kein Anspruch auf Prozesskostenhilfe. Das Bundessozialgericht kann nur dann Prozesskosten bewilligen, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet.

Die Voraussetzungen, unter denen eine Erwerbsminderungsrente gewährt wird, ergeben sich unmittelbar aus den §§ 43 und 240 SGB VI. Hier ist die Drei-Fünftel-Belegung geregelt. Das BVerfG hat bereits mit Beschluss vom 08.04.1987 zum Aktenzeichen 1 BvR 564/84 und in den Folgejahren mehrfach, zuletzt mit Urteil vom 24.10.2013 zum Aktenzeichen B 13 R 83/11 R die Verfassungsmäßigkeit dieser Regelung bestätigt.

Zusammenfassung Es verbleibt dabei, dass für die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung sowohl die gesundheitlichen Voraussetzungen, wie auch die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen erfüllt sein müssen. Hierzu gehört u.a. dass in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit vorhanden sein müssen.

Fristlose Kündigungen haben auch bei Neulingen die gleichen Voraussetzungen

Der Arbeitgeber muss in der Regel vor einer fristlosen Kündigung abmahnen. Die Abmahnung soll dem Arbeitnehmer sein Fehlverhalten vor Augen führen und die Möglichkeit schaffen, sich zukünftig vertragstreu zu verhalten. Insbesondere, wenn der Arbeitnehmer lediglich einmal unentschuldigt gefehlt hat, kann eine Abmahnung als milderes Mittel gegenüber der Kündigung ein verändertes Verhalten bewirken. Dies gilt auch dann, wenn der Arbeitnehmer bereist am dritten Arbeitstag unentschuldigt fehlt. So hat das Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein mit Urteil vom 03.06.2020 zum Aktenzeichen 1 Sa 72/20 entschieden.

In der Probezeit ist die ordentliche Kündigung ohne Angabe von Gründen möglich

Auch wenn in der Probezeit, welche bis zu sechs Monate vereinbart werden kann, eine ordentliche fristgerechte Kündigung ohne Angaben von Gründen möglich ist und die Arbeitnehmerin bis zur ordentlichen Beendigungsfrist arbeitsunfähig erkrankt war, war eine Klage gegen die fristlose Kündigung sinnvoll.

Vermeidung Sperrzeit

Eine fristlose verhaltensbedingte Kündigung führt regelmäßig beim Arbeitslosengeld zu einer Sperrzeit von drei Monaten. Wer eine Sperrzeit von drei Monaten erhält, bei dem wird der Anspruch auf das Arbeitslosengeld um ein Viertel gekürzt. Dies ist für Arbeitnehmer relevant, welche einen Anspruch von Arbeitslosengeld von mehr als zwölf Monaten haben.

Arbeitgeber hielt (fehlerhaft) eine Abmahnung für entbehrlich

Die Kündigungsschutzklage der Arbeitnehmerin war erfolgreich. Sie hatte Anspruch auf die Einhaltung der gesetzlichen Kündigungsfrist. Der Arbeitgeber argumentierte mit einem “gescheitertem Arbeitsverhältnis“. Daher meinte er fehlerhaft, dass eine Abmahnung offensichtlich entbehrlich gewesen sei. Das Arbeitsgericht gab der Klägerin Recht. Dem wollte der Arbeitgeber nicht folgen und legte eine Berufung gegen das Urteil ein.

Landesarbeitsgericht sah die fristlose Kündigung für unwirksam an Nach dem Urteil des Landesarbeitsgerichts war die außerordentliche fristlose Kündigung unwirksam, da es an einer vorherigen Abmahnung fehlte. Das Gericht sah keine Anhaltspunkte dahingehend, dass die Arbeitnehmerin nach einer möglichen und erforderlichen Abmahnung auch zukünftig unentschuldigt der Arbeit ferngeblieben wäre. Nur wenn die Pflichtverletzung der Arbeitnehmerin so schwerwiegend gewesen wäre, dass eine Abmahnung ausnahmsweise entbehrlich gewesen wäre, hätte eine fristlose Kündigung ausgesprochen werden können. Dies war jedoch vorliegend nicht der Fall.

Pflegeheim muss Bewohner vor Gefahren schützen, die die Bewohner selbst nicht beherrschen

Pflegeheim – Haftung im Rahmen der Betreuung und Pflege

So hat der Bundesgerichtshof (BGH) mit Urteil vom 22.08.2019 zum Aktenzeichen III ZR 113/18 entschieden. Diese Entscheidung zeigt, dass die Gerichte sich nicht nur zunehmend mit der Haftung von Ärzten und Krankenhäusern, sondern auch der Haftung im Rahmen der Betreuung und Pflege auseinandersetzen müssen.

Schmerzensgeld durch Heimträger

Vorliegend ging es um Schmerzensgeld für eine Bewohnerin in einem Wohnheim für geistig behinderte Menschen. Die Bewohner müssen vor Verbrühungen durch zu heißes Wasser beim Baden geschützt werden, wenn diese der Gefahr aufgrund ihrer Einschränkung nicht angemessen begegnen können. Wegen mangelnder Aufsicht zog sich der Heimbewohner an beiden Füßen und den Unterschenkeln schwerste Verbrühungen zu.

Pflegeheim muss Bewohner vor Gefahren schützen

Bei der nachfolgenden Heilbehandlung im Krankenhaus wurden mehrere Hauttransplantationen durchgeführt. Es kam zu erheblichen Komplikationen. Unter anderem wurde die Klägerin mit einem multiresistenten Keim infiziert. Sie ist inzwischen nicht mehr gehfähig und auf einen Rollstuhl angewiesen, weil sich so genannte Spitzfüße gebildet haben. Außerdem verschlechterte sich ihr psychischer Zustand, was sich unter anderem in häufigen und anhaltenden Schreianfällen äußert.  Der BGH stellte klar, der Heimbetreiber muss Bewohner vor Gefahren schützen. Der Heimbetreiber habe die Pflicht, unter Wahrung der Würde und des Selbstbestimmungsrechts der ihm anvertrauten Bewohner diese vor Gefahren zu schützen, die sie nicht beherrschen.

Befristung um einen Tag überschritten – unbefristet beschäftigt

Überschreitung um einen Tag macht sachgrundlose Befristung unwirksam

Die Überschreitung der Höchstdauer von zwei Jahren für eine sachgrundlose Befristung auch um nur einen Tag wegen einer Dienstreise führt zu einem unbefristeten Arbeitsverhältnis. Dies hat das Landesarbeitsgericht Düsseldorf mit jetzt mitgeteiltem Urteil vom 09.04.2019 entschieden.

Anwalt befristet bei BAMF eingestellt

Der Kläger, der zuvor als Rechtsanwalt tätig war, bewarb sich Mitte August 2016 auf eine Ausschreibung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF). Die Bewerbung war erfolgreich. Der Kläger wurde zunächst befristet für sechs Monate am Standort Düsseldorf eingestellt. Das Arbeitsverhältnis begann ausweislich des Arbeitsvertrags am Montag, den 05.09.2016.

Bereits einen Tag vor Schulungsbeginn angereist

In der Zeit vom 05.09.2016 bis zum 23.09.2016 besuchte der Kläger eine Schulung für Anhörer in Nürnberg. Hierzu reiste der in Düsseldorf wohnhafte Kläger im Einvernehmen mit dem BAMF bereits am Sonntag, den 04.09.2016 an. Das BAMF erstattete ihm die Reisekosten und die Hotelkosten für die Übernachtung vom 04.09.2016 auf den 05.09.2016. Nach Qualifizierung zum Entscheider arbeitete der Kläger ab dem 21.01.2017 als solcher. Mit Vereinbarung aus Februar 2017 wurde das Arbeitsverhältnis bis zum 04.09.2018 verlängert. Nach Ablauf der Befristung erhielt der Kläger keine unbefristete Stelle. Seine darauf gerichtete Bewerbung war erfolglos.

Klage auf Weiterbeschäftigung erfolgreich

Mit seiner gegen die Bundesrepublik Deutschland als Anstellungskörperschaft gerichteten Klage begehrte der Kläger die Feststellung, dass sein Arbeitsverhältnis nicht durch Befristung zum 04.09.2018 beendet worden ist und seine Weiterbeschäftigung. Diese Begehren waren vor dem Landesarbeitsgericht erfolgreich. Die sachgrundlose Befristung des Arbeitsvertrags mit dem Kläger ist unwirksam, entschied das Landesarbeitsgericht und stellte zunächst klar, dass diese gemäß § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG nur bis zur Dauer von zwei Jahren zulässig ist.

Zulässige Dauer um einen Tag überschritten

Diese Zeitdauer war hier laut LAG um einen Tag überschritten, weil die Dienstreise am 04.09.2016 bereits Arbeitszeit gewesen sei. Die einvernehmliche und von der Arbeitgeberin bezahlte Dienstreise sei nicht in der Freizeit des Klägers, sondern bereits innerhalb des Arbeitsverhältnisses erbracht worden. Sie sei Teil der arbeitsvertraglich versprochenen Dienste im Sinne von § 611 Abs. 1 BGB gewesen. Das Arbeitsverhältnis habe damit nicht erst am 05.09.2016, sondern bereits am 04.09.2016 begonnen. Damit endet der Zwei-Jahres-Zeitraum mit Ablauf des 03.09.2018. Die Überschreitung der Höchstdauer von zwei Jahren für die sachgrundlose Befristung auch um nur einen Tag aufgrund der Dienstreise führe dazu, dass mit dem Kläger ein unbefristetes Arbeitsverhältnis bestehe.

Ablehnung der Erwerbsminderungsrente

Antrag und Widerspruch

Wird der Antrag auf eine Rente wegen Erwerbsminderung abgelehnt, sollte immer Widerspruch eingelegt und Akteneinsicht genommen werden. Nur so kann ermittelt werden, auf welcher Grundlage die Rentenversicherung ihre Entscheidung getroffen hat.

Beispielsweise ist häufig festzustellen, dass die Befunde der behandelnden Ärzte nicht vollständig eingeholt wurden oder vollkommen anders bewertet werden. Häufig werden Entlassungsberichte der Rehabilitationsklinik nicht in die Bewertung mit einbezogen, obwohl diese eine Erwerbsunfähigkeit feststellten.

Wichtig ist, dass der Widerspruch innerhalb der Monatsfrist bei der Rentenversicherung eingegangen sein muss. Die weitere Begründung sollte erst nach der Akteneinsicht erfolgen.

Widerspruchsbescheid und Klage

Wird auch der Widerspruch mit einem Widerspruchsbescheid zurückgewiesen, kann dieser mittels einer Klage beim Sozialgericht nochmals überprüft werden. Auch hier gilt eine Frist von einem Monat. Beim Gericht sollte darauf gedrungen werden, dass nach Einholung aller aktuellen Befundberichte das Gericht vom entsprechenden Fachmediziner ein unabhängiges Gutachten einholt. Diese Gutachten weichen sehr häufig zugunsten des Rentenantragstellers von der Einschätzung der Rentenversicherung ab.

Fachanwaltserfahrungen nutzen

Das Widerspruchsverfahren, das Klageverfahren und die Aktenauswertung sollten wegen der Besonderheiten im Sozialgerichtsverfahren möglichst mit Hilfe eines Fachanwalts für Sozialrecht und für Medizinrecht geführt werden.

Keine Kosten für Gericht, Gutachter und Gegner zahlen

Im Widerspruchsverfahren und Klageverfahren entstehen keine Gerichtskosten, sind keine Gebühren an die Rentenversicherung zu zahlen und bei richtiger Vorgehensweise grundsätzlich auch keine Kosten für die Einholung von Befundberichten und Gutachten zu zahlen.

Keine fristlose Kündigung wegen Mitnahme kranker Kinder

Eine fristlose Kündigung ist wegen der Mitnahme kranker Kinder nicht gerechtfertigt. Wenn eine Arbeitnehmerin ihre erkrankten und betreuungsbedürftigen Kinder mit zur Arbeit nimmt, ist dies eine Verletzung arbeitsvertraglicher Pflichten. Dies rechtfertigt jedoch keine fristlose Kündigung durch den Arbeitgeber, wie das Arbeitsgericht Siegburg mit Urteil vom 04.09.2019 zum Aktenzeichen 3 Ca 642/19 entschied.

Klageziel: Einhaltung der gesetzlichen Kündigungsfrist

Die Klägerin war als Altenpflegefachkraft in der Probezeit beschäftigt. Daher hatte sie noch keinen Kündigungsschutz und somit jederzeit ohne Angaben von Gründen eine Kündigung möglich ist. Der Arzt stellte die Betreuungsbedürftigkeit der erkrankten Kinder fest. Die Klägerin ging trotzdem zur Arbeit. Sie nahm jedoch ihre erkrankten Kinder zeitweise mit zur Arbeit. Die Klägerin erkrankte einige Tage später an einer Grippe. Weil es der Klägerin verboten gewesen sei, ihre kranken Kinder mit zur Arbeit zu nehmen, erhielt sie eine fristlose Kündigung. Die Klägerin erhob Kündigungsschutzklage mit dem Ziel der Einhaltung der gesetzlichen Kündigungsfrist für die ausgesprochene Kündigung.

Begründung des Gerichts:

Das Arbeitsgericht entschied, eine Abmahnung hätte ausgereicht. Entsprechend dem Urteil endete das Arbeitsverhältnis nicht fristlos, sondern erst mit Ablauf der 2-wöchigen Kündigungsfrist in der Probezeit. Die fristlose Kündigung wurde vom Arbeitsgericht für ungerechtfertigt angesehen. Das Verhalten der Klägerin sei sowohl aus versicherungsrechtlichen Gründen als auch wegen der bestehenden Ansteckungsgefahr für die älteren Patienten problematisch und eine Pflichtverletzung im Rahmen des Arbeitsverhältnisses. Einen Grund für eine sofortige Beendigung des Arbeitsverhältnisses sah das Arbeitsgericht jedoch nicht. Bei einem solchen Sachverhalt reicht grundsätzlich eine Abmahnung aus. Die beklagte Arbeitgeberin hatte auch keine anderen Gründe für eine sofortige Beendigung des Arbeitsverhältnisses.

Achtung: 3 Wochenfrist für Kündigungsschutzklage

Sollten Sie eine Kündigung erhalten haben, muss die Klage innerhalb von drei Wochen beim zuständigen Arbeitsgericht eingegangen sein. Daher sollten Sie sich unverzüglich nach dem Erhalt der Kündigung an ein qualifizierten Rechtsanwalt wenden. Wir bieten Ihnen die hierzu unsere Dienstleistungen an unter:

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Massenentlassungsanzeige eingegangen, Kündigung ist sofort zulässig

Eine gemäß § 17 Abs. 1 KSchG erforderliche Massenentlassungsanzeige kann wirksam erstattet werden, wenn der Arbeitgeber im Zeitpunkt ihres Eingangs bei der Agentur für Arbeit bereits zur Kündigung entschlossen ist. Diese Klarstellung erfolgt durch das Bundesarbeitsgericht mit Urteil vom 13.06.2019 zum Aktenzeichen 6 AZR 459/18.

Zugang Anzeige bei Arbeitsamt vor Zugang der Kündigung

Die Kündigungen im Massenentlassungsverfahren sind – vorbehaltlich der Erfüllung sonstiger Kündigungsvoraussetzungen – wirksam, wenn die Massenentlassungsanzeige bei der zuständigen Agentur für Arbeit eingeht, bevor dem Arbeitnehmer das Kündigungsschreiben zugegangen ist.

Kläger hoffte mit EuGH-Rechtsprechung zum Erfolg zu kommen

Das Kündigungsschreiben ging dem hier vorliegenden Kläger am 27.06.2017 zu. In seiner Kündigungsschutzklage machte er auch geltend, nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union habe der Arbeitgeber auch seiner Anzeigepflicht vor einer Entscheidung zur Kündigung des Arbeitsverhältnisses nachzukommen. Deshalb war er der Meinung, die Unterschrift unter das Kündigungsschreiben, mit der die Kündigungserklärung konstitutiv geschaffen werde, erst erfolgen dürfe, nachdem die Massenentlassungsanzeige bei der Agentur für Arbeit eingegangen ist.

Landesarbeitsgericht bestätigt klägerische Auffassung

Das Landesarbeitsgericht ist der Auffassung des Klägers gefolgt. Es hat der Berufung des Klägers gegen das klageabweisende Urteil des Arbeitsgerichts stattgegeben. Die Anzeige müsse die Agentur für Arbeit erreichen, bevor der Arbeitgeber die Kündigungsentscheidung treffe, was sich in der Unterzeichnung des Kündigungsschreibens manifestiere, so das Landesarbeitsgericht.

Klarstellung des Bundesarbeitsgerichts: Die Massenentlassungsanzeige dient beschäftigungspolitischen Zwecken

Die Revision des Beklagten hatte beim Bundesarbeitsgericht Erfolg. Dieses nahm die Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Landesarbeitsgericht vor. Das Bundesarbeitsgericht stellt klar, dass selbstständig neben dem nach § 17 Abs. 2 KSchG durchzuführenden Konsultationsverfahren stehende, in § 17 Abs. 1, Abs. 3 Sätze 2 bis 5 KSchG geregelte Anzeigeverfahren diene beschäftigungspolitischen Zwecken. Die zuständige Agentur für Arbeit solle rechtzeitig über eine bevorstehende Massenentlassung unterrichtet werden, um sich auf die Entlassung einer größeren Anzahl von Arbeitnehmern vorbereiten und ihre Vermittlungsbemühungen darauf einstellen zu können. Hierzu müsse bereits feststehen, wie viele und welche Arbeitnehmer konkret entlassen werden sollen. Auf den Willensentschluss des Arbeitgebers zur Kündigung könne, solle und wolle die Agentur für Arbeit – anders als der Betriebsrat im Rahmen des Konsultationsverfahrens – keinen Einfluss nehmen, so das Bundesarbeitsgericht.

Bei der zuständigen Behörde ist der Eingang erforderlich

Zutreffend dürfe die Kündigung erst dann erfolgen, also dem Arbeitnehmer zugehen (§ 130 Abs. 1 BGB), wenn die Massenentlassungsanzeige bei der zuständigen Agentur für Arbeit eingegangen ist. Dies sei durch die Rechtsprechung des EuGH zu Art. 3 und Art. 4 der Richtlinie 98/59/EG (Massenentlassungsrichtlinie) geklärt. Es kommt somit nicht auf den Zeitpunkt der Unterzeichnung der Kündigung, sondern auf den Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung beim Arbeitnehmer an.

Die Zurückweisung führt dazu, dass die Vorinstanz erneut entscheiden muss

Das Bundesarbeitsgericht konnte anhand der bisher getroffenen Feststellungen die Wirksamkeit der Kündigung nicht abschließend beurteilen. Das Landesarbeitsgericht werde aufzuklären haben, ob die Massenentlassungsanzeige inhaltlich den Vorgaben des § 17 Abs. 3 KSchG genügte und ob das Anhörungsverfahren gemäß § 102 Abs. 1 Satz 1 BetrVG ordnungsgemäß eingeleitet wurde. Diese weiteren Voraussetzungen sind durch das Landesarbeitsgericht aufzuklären.

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GdB – Bestimmung des Grades der Behinderung

Um einen Behindertenausweis zu erhalten, ist ein Grad der Behinderung in Höhe von 50 von Hundert erforderlich. Dieser wird umgangssprachlich häufig als GdB 50 % bezeichnet. Mit diesem Grad der Behinderung ergeben sich verschiedene Vorteile, wie erhöhter Kündigungsschutz, Zusatzurlaub oder vorzeitige Rente ohne, bzw. eine Rente mit weniger Abschlag.

Auf Antrag wird vom Versorgungsamt geprüft, welcher Einzelgrad der Behinderung zuerkannt wird, auch Einzel-GdB genannt. Aus den Einzelgraden wird der Gesamtgrad der Behinderung gebildet. Dieser wird auch Gesamt-GdB bezeichnet.

Bei der Bildung des Gesamtgrades der Behinderung ist in der Regel von der Funktionsbeeinträchtigung auszugehen, die den höchsten Einzel-GdB bedingt. Dann ist im Hinblick auf alle weiteren Funktionsbeeinträchtigungen zu prüfen, ob und inwieweit hierdurch das Ausmaß der Behinderung größer wird. Maßgebend sind die Auswirkungen der einzelnen Funktionsbeeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen zueinander. Die Auswirkungen der einzelnen Beeinträchtigungen können ineinander sich decken, sich überschneiden, sich verstärken oder beziehungslos nebeneinander stehen. Es erfolgt somit keine Addition der Einzel-GdB zum Gesamt-GdB.

Sollte das Versorgungsamt den Antrag ablehnen oder nicht den gewünschten GdB zuerkennen, ist innerhalb der Monatsfrist der Widerspruch erforderlich. Sollte der Widerspruch abgelehnt werden, kann innerhalb eines Monats die Klage beim Sozialgericht eingereicht werden. Das Gericht prüft eigenständig und unabhängig, welcher Gesamt-GdB zusteht. Hierbei unterstützt Sie Ihr Fachanwalt für Sozialrecht.

Welche vorzeitige Rente soll ich in Anspruch nehmen?

Wer in Rente gehen will, sollte zuvor genau prüfen, für welche Rente wann die Voraussetzungen erfüllt sind und welche Rente persönlich die beste Wahl ist.

Reguläre Altersrente beginnt mit Vollendung 67. Lebensjahr.

Der grundsätzliche Renteneintritt ist für die Regelaltersrente mit der Vollendung des 67. Lebensjahres vorgesehen. Ein früherer Rentenbeginn ist mit einem lebenslangen Abschlag verbunden. Der stufenweise Anstieg für die Geburtsjahrgänge 1947 bis 1964 erfolgt aufgrund von Vertrauensschutz. Jedoch kann nicht jeder bis zur Regelaltersrente arbeiten. Das Gesetz sieht einige Ausnahmen vor. Es können u.a. die nachfolgenden Renten zu einem früheren Renteneintritt führen:

  • Altersrente für besonders langjährig Versicherte

Diese Altersrente gibt es in zwei Varianten:

  1. Altersrente mit 65 Jahren und 45 Wartezeitjahre
  2. Altersrente ab dem 63. Lebensjahr als neue Form seit dem 01.07.2014.


Die Altersrente für schwerbehinderte Menschen

Wer einen Grad der Behinderung von 50 % nachweist, kann unter Maßgabe von mindestens 35 Jahren Wartezeit bereits zwei Jahre früher ohne Abschlag in Rente gehen. Sofern er Rentenabschläge in Kauf nimmt, kann er bis zu drei weitere Jahre früher in Rente gehen. Daher kann es wichtig sein, rechtzeitig vor Rentenbeginn beim Versorgungsamt den Behinderungsgrad von 50 % zu beantragen.

  • Rente wegen Erwerbsminderung

Eine volle Erwerbsminderungsrente setzt u.a. voraus, dass man entweder nicht mehr den Arbeitsweg bewältigen kann (Wegeunfähigkeit) oder nicht mehr in der Lage ist, wenigstens 3 Stunden täglich zu arbeiten.

Wer zwar noch 3 Stunden, aber keine 6 Stunden mehr täglich arbeiten kann, sollte eine teilweise Erwerbsminderungsrente beantragen.

  • Individuell prüfen, welche Rente günstiger ist

Wer ab 2019 in Rente gehen will oder muss, weil er krank ist oder eine Schwerbehinderung hat, kann im Vergleich zu einer vorgezogenen Altersrente mit der neuen Erwerbsminderungsrente besser fahren. Denn die neue Zurechnungszeit 2019 mit der schlagartigen Erhöhung auf das 65. Lebensjahr und 8 Kalendermonate wird in vielen Fällen, zu einer ordentlichen Rentensteigerung führen. Somit können Vorteile bei der Erwerbsminderungsrente gegenüber einer vorgezogenen Altersrente bestehen.

  • Widerspruch und Klage

Wird die beantragte Rente oder der beantragte Grad der Behinderung abgelehnt, muss innerhalb eines Monats der Widerspruch eingelegt werden. Sollte auch der darauf folgende Widerspruchsbescheid negativ sein, muss innerhalb eines Monats die Klage erhoben werden, sofern man mit der Ablehnung nicht einverstanden ist. Hierbei kann Ihnen Ihr Fachanwalt für Sozialrecht helfen, der sich auch aufgrund der damit verbundenen gesundheitlichen Fragen zusätzlich im Medizinrecht auskennen sollte.


cof

Ablehnung Telearbeit kein Kündigungsgrund

Bei Zuweisung von Telearbeit ist keine außerordentliche Kündigung wegen Arbeitsverweigerung zulässig

Der Arbeitgeber darf dem Arbeitnehmer nicht aufgrund seines arbeitsvertraglichen Weisungsrechts Telearbeit einseitig zuweisen.

So ist der Arbeitnehmer arbeitsvertraglich nicht verpflichtet, die ihm angebotene Telearbeit zu verrichten.

So hat das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg hat mit Urteil vom 10.10.2018 zum Aktenzeichen 17 Sa 562/18 gemäß der Pressemitteilung des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg Nr. 23/2018 vom 18.12.2018 entschieden.

Sachverhalt der Entscheidung

Vorliegend beschäftigte der Arbeitgeber den Arbeitnehmer als Ingenieur. Im Arbeitsvertrag war keine Regelungen zu einer Änderung des Arbeitsorts enthalten. Trotzdem hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer nach einer Betriebsschließung angeboten, seine Tätigkeit im „Home-Office“ im Rahmen von Telearbeit zu verrichten. Der Arbeitnehmer war nicht bereit, im „Home-Office“ Telearbeit zu arbeiten. Somit kündigte der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis aus wichtigem Grund wegen beharrlicher Arbeitsverweigerung.

Auf die Kündigungsschutzklage des Arbeitnehmers wurde die Kündigung vom Arbeitsgericht für unwirksam gehalten.

Der Arbeitgeber war damit nicht einverstanden und legte Berufung beim Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg ein. Er war weiter der Ansicht, der Arbeitnehmer hätte Telearbeit leisten müssen. Das Landesarbeitsgericht hat die Kündigung ebenfalls für unwirksam gehalten.

Entscheidung des Landesarbeitsgerichts

Der Arbeitnehmer sei nämlich arbeitsvertraglich nicht verpflichtet gewesen, die ihm angebotene Telearbeit zu verrichten. Zwar hat der Arbeitgeber nach § 106 Gewerbeordnung ein arbeitsvertragliches Weisungsrecht, jedoch umfasse dieses arbeitsvertragliche Weisungsrecht nicht die Zuweisung von Telearbeit. Die Umstände der Telearbeit unterschieden sich in erheblicher Weise von einer Tätigkeit, die in einer Betriebsstätte zu verrichten seien, so das Landesarbeitsgericht. Hierbei spiele es keine Rolle, dass Arbeitnehmer zum Beispiel zur besseren Vereinbarung von Familie und Beruf an einer Telearbeit interessiert sein könnte. Dieses Argument des Arbeitgebers konnte das Landesarbeitsgericht nicht zu einer anderen Entscheidung bewegen. Es besteh kein arbeitsvertragliche Weisungsrecht Telearbeit verrichten zu müssen.

Anders wäre die Entscheidung ausgefallen:

Wenn jedoch im Arbeitsvertrag auch die Telearbeit bereits vereinbart wurde, dann ist der Arbeitnehmer auch zur Ausführung dieser Telearbeit verpflichtet.

Mehr Informationen finden Sie unter www.kuendigungsschutz-arbeitnehmer.de