Außerordentliche Kündigung wegen häufiger Kurzerkrankungen

Häufige Kurzerkrankungen, für welche Entgeltfortzahlungen für mehr als ein Drittel der jährlichen Arbeitstage entstehen, können eine außerordentliche Kündigung mit Auslauffrist rechtfertigen, auch bei einen ordentlich unkündbaren Arbeitsverhältnis.

Ordentlich unkündbar aufgrund Tarifvertrag
Der dem Urteil des Bundesarbeitsgerichts zugrundeliegender Kläger war seit 1992 bei der Beklagten beschäftigt. Zuletzt war er als ungelernter Pflegehelfer beschäftigt. Aufgrund des anwendbaren Tarifvertrages war der Kläger ordentlich unkündbar. Dies war nach Vollendung des 40. Lebensjahres und mehr als 15 Jahre Betriebszugehörigkeit gegeben.

Umfang der Arbeitsunfähigkeitszeiten
Der Kläger war vom 29.09.2011 bis zum 28.3.2013 ununterbrochen krankheitsbedingt arbeitsunfähig. In der Zeit vom 01.08.2013 bis zum 31.07.2016 fehlte der Kläger jeweils kürzere Zeiträume von höchstens zehn Arbeitstagen. In der Summe waren die nach Vortrag der Beklagten 279 Arbeitstage. Somit waren es durchschnittlich 93 Arbeitstage pro Jahr. Die Beklagte kündigte deshalb das Arbeitsverhältnis außerordentlich mit notwendiger Auslauffrist zum 31.03.2017. Sowohl das Arbeitsgericht, wie auch das Arbeitsgericht gaben der Kündigungsschutzklage statt.

Rechtmittel der Beklagten im Sinne der Zurückweisung erfolgreich
Das Bundesarbeitsgericht hat die Sache im Ergebnis zurückverwiesen und Vorgaben zur Prüfung gemacht.

Strenger Prüfungsmaßstab
Das Bundesarbeitsgericht stellte klar, der Prüfungsmaßstab bei einer außerordentlichen Kündigung mit notwendiger Auslauffrist wegen häufigen Kurzerkrankungen sei im Vergleich zur ordentlichen Kündigung erheblich strenger.
Neben der negativen Gesundheitsprognose müssen die betrieblichen Interessen des Arbeitgebers so beeinträchtigt sein. Dadurch müsse ein gravierendes Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung bestehen. Zusätzlich sei in einer umfassenden Interessenabwägung zu prüfen, ob die gravierende Äquivalenzstörung dem Arbeitgeber dauerhaft zumutbar sei. Dies ist bei vielen Kurzerkrankungen möglich.

Nach Auffassung des Gerichts sei zur Erstellung der Gesundheitsprognose regelmäßig ein Referenzzeitraum von drei Jahren maßgeblich. Zu erwartende hohe Entgeltfortzahlungskosten könnten ein gravierendes Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung begründen. Das Maß hänge hierbei ab von der Ausgestaltung des Sonderkündigungsschutzes. Stelle dieser nicht eine Gegenleistung für den Verzicht des Arbeitnehmers auf bestimmte Ansprüche dar, sondern hänge, wie hier, nur von einer nicht allzu langen Beschäftigungsdauer und einem vergleichsweise niedrigen Lebensalter ab, übernehme der Arbeitgeber nicht das Risiko, dass das Austauschverhältnis aus in der Sphäre des Arbeitnehmers liegenden Gründen – ggf. über Jahrzehnte bis zur Rente – außergewöhnlich schwer gestört sei.

In diesem Fall liege infolge der vielen Kurzerkrankungen mit Entgeltfortzahlung eine solche Störung gemäß dem Bundesarbeitsgericht vor. Nämlich wenn damit zu rechnen sei, dass der Arbeitgeber für mehr als ein Drittel der jährlichen Arbeitstage Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall werde leisten müssen. Damit gehe das Maß der Entgeltfortzahlungskosten deutlich über das einer ordentlichen Kündigung hinaus. Ein Drittel der jährlichen Arbeitstage entspreche fast dem Dreifachen des Wertes von sechs Wochen im Sinne des § 3 Absatz 1 Entgeltfortzahlungsgesetz.

Der Senat weicht vorliegend vom Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 23.01.2014, wo er Entgeltfortzahlung für jährlich 18,81 Wochen nicht habe ausreichen lassen. An dieser Rechtsprechung werde nicht mehr festgehalten. Vorliegend reichten pro Jahr bei 251 Arbeitstagen 84 mit Entgeltfortzahlung unterlegte Arbeitstage aus.

Quelle der zugrunde gelegten Urteilszusammenfassung: beck-online DIE DATENBANKFD-ArbR 2018, 407856
BAG, Urteil vom 25.04.2018 – 2 AZR 6/18, BeckRS 2018, 16409

Kosten für Begleitperson

Die Kostenübernahme für eine Begleitperson während einer stationären Reha-Maßnahme setzt zwingend voraus, dass die Begleitperson tatsächlich in die stationäre Einrichtung mit aufgenommen wird, in welcher die Reha-Maßnahme durchgeführt wird. So ist dies in nach § 11 Abs. 3 SGB V geregelt. Wenn die Begleitperson in der Nähe untergebracht (wie Hotel, Pension), kommt eine Kostenübernahme nach § 11 Abs. 3 SGB V nicht in Betracht. So hat das Sozialgericht Bremen mit Urteil vom 25.10.2017 zum Aktenzeichen S 7 KR 346/14 entschieden.

Erstattungsantrag

Vorliegend beantragte der Kläger die Erstattung der für eine Begleitperson während einer stationären Reha-Maßnahme entstandenen Kosten. Der Kläger war nach einem stationären Aufenthalt auf Kosten der beklagten Krankenkasse in einer Früh-Rehabilitation. Er beantragte erfolglos die Übernahme der Kosten für die Unterbringung seiner Tochter. Die Tochter war außerhalb der Reha-Einrichtung untergebraucht. Aus Sicht des Klägers war die Anwesenheit der Tochter wegen der anstehenden Früh-Rehabilitation medizinisch notwendig, da sie die sprachliche und kommunikative Brücke zum Kläger herstellte.

Ablehnung aus anderen Gründen als Gericht – war im Ergebnis nicht relevant
Die Beklagte lehnte die Übernahme der Kosten mit der Begründung ab, dass die Reha-Klinik über entsprechend qualifiziertes Pflege- und Betreuungspersonal verfüge, welches auch zum Teil die türkische Sprache beherrsche. Damit sei eine Verständigung zwischen dem Personal und dem Kläger sichergestellt.

Klage auf Kostenübernahme

Gegen den ablehnenden Widerspruchsbescheid reichte der Kläger die Klage ein. Er beantragte die Übernahme der Kosten von 2.500 Euro. Er begründete die Klage u.a. damit, dass schwerwiegende medizinische Gründe für die Mitaufnahme der Begleitperson vorlägen. Er sei ständig auf Hilfe angewiesen gewesen, die von der Reha-Klinik habe nicht erbracht werden können.

Medizinische Notwendigkeit

Weiter begründete der Kläger, dass die Einübung und Anleitung der Begleitperson in therapeutische Verfahren, Verhaltensregeln oder Nutzung von technischen Hilfen notwendig gewesen sei. Zum Zeitpunkt der Reha sei der Kläger selbst wegen der damaligen gesundheitlichen Disposition nicht in der Lage gewesen, selbst einfache Handlungsanweisungen zu befolgen.

Mitaufnahme in Reha-Einrichtung ist entscheidend

Das SG wies die Klage ab, weil nach § 11 Abs. 3 SGB V die Mitaufnahme einer Begleitperson des Versicherten voraussetzt. Ein Anspruch der Kosten scheitert daher vorliegend an der Mitaufnahme. Nach dieser Vorschrift kommt die Erstattung der Kosten nur für eine Begleitperson in Betracht, die tatsächlich in die stationäre Einrichtung mit aufgenommen wird, in welcher die Reha-Maßnahme durchgeführt wird. Es sei unerheblich, aus welchen Gründen die Begleitperson des Klägers nicht in die stationäre Einrichtung mit aufgenommen wurde. Dies gilt selbst dann, wenn die Reha-Einrichtung sich weigert, die Begleitperson mit aufzunehmen.

Praxishinweis:
Daher sollte vor Antritt der Reha mit der Reha-Einrichtung klar geklärt werden, dass eine Mitaufnahme der Begleitperson erfolgt. Sollte diese sich weigern, kann dann entschieden werden, ob man selbst die Kosten für eine anderweitige Unterbringung trägt oder mit der Krankenkasse zusammen sich für eine andere Reha-Einrichtung entscheidet.

Für Zeiten der Bereitschaft ist Mindestlohn zu zahlen

Vollarbeit und Bereitschaft
Der Arbeitgeber hat den gesetzlichen Mindestlohn, sofern keine höhere Vergütung vereinbart ist, für jede tatsächlich geleistete Arbeitsstunde zu zahlen. Dies gilt für alle Stunden, während derer der Arbeitnehmer die geschuldete Arbeitsleistung erbringt. Zur vergütungspflichtigen Arbeit zählt neben der Vollarbeit auch Bereitschaft. In diesem Sinne hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) mit Urteil vom 11.10.2017 zum Aktenzeichen 5 AZR 591/16 entschieden.

Vergütung von Bereitschaftszeiten
Vorliegend stritten die Parteien über eine zusätzliche Vergütung von Bereitschaftszeiten mit dem gesetzlichen Mindestlohn. Der Kläger ist beim Beklagten als Rettungsassistent beschäftigt.

Arbeitsbereitschaft
Der Kläger leistete im streitigen Zeitraum insgesamt 318,2 Stunden Arbeitsbereitschaft. Der 5. Senat des BAG bestätigte, dass der Beklagte verpflichtet sei, auch für Zeiten der Bereitschaft den gesetzlichen Mindestlohn zu zahlen. Zur vergütungspflichtigen Arbeit gehört nicht nur die Vollarbeit, sondern auch Bereitschaftszeit. Gemäß früherer Entscheidung des BAG (BAGE 150,82) könne der Arbeitnehmer während des Bereitschaftsdienstes nicht frei über die Nutzung dieses Zeitraums bestimmen. Er müsse vielmehr sich an einem vom Arbeitgeber bestimmten Ort bereithalten, um im Bedarfsfalle die Arbeit aufzunehmen.

Gesetz differenziert nicht nach Grad der tatsächlichen Inanspruchnahme
Die gesetzliche Vergütungspflicht des Mindestlohngesetzes differenziere nicht nach dem Grad der tatsächlichen Inanspruchnahme. Wenn der Arbeitnehmer vergütungspflichtige Arbeit leistet, sei ein ungeschmälerter Anspruch auf den Mindestlohn vorgesehen. Im Ergebnis hat der Kläger vorliegend keine höhere Vergütung erhalten, da die bereits gezahlte Bruttovergütung über dem Mindestlohn lag und nach dem für das Arbeitsverhältnis geltenden Tarifvertrag mit dem Tabellenentgelt die regelmäßige Arbeitszeit abgegolten ist. Der Arbeitnehmer hätte nur eine zusätzliche Vergütung erhalten, wenn die bereits gezahlte Gesamtvergütung geteilt durch die geleisteten Arbeitsstunden einschließlich Bereitschaftszeit nicht den Mindestlohn erreicht hätte.

Mehr Informationen und Artikel zum Arbeitsrecht finden Sie unter:

www.kuendigungsschutz-arbeitnehmer.de

Demente Patientin springt aus Fenster – Krankenhaus haftet

Ein Krankenhaus kann gegenüber einer dementen Patientin zum Ersatz des Schadens verpflichtet sein, den die Patientin erleidet, weil sie aus dem ungesicherten Fenster ihres Krankenzimmers entweichen will und dabei in die Tiefe stürzt. Das hat das Oberlandesgericht Hamm mit rechtskräftigen Urteil vom 17.01.2017 zum Aktenzeichen 26 U 30/16 entschieden.

Krankenversicherung klagte gegen Krankenhaus

Die klagende Krankenversicherung verlangte von der beklagten Trägerin eines Krankenhauses die Erstattung von Kosten, die sie für die verstorbene Patientin aufgewandt hat.

Patientin war dement

Die demente Patientin wurde aufgrund eines Schwächeanfalls stationär in das Krankenhaus der Beklagten eingewiesen. Bereits am Aufnahmetag gab die Patientin sich unruhig, aggressiv, verwirrt und desorientiert. Insbesondere zeigte sie Weglauftendenzen und wollte die Station verlassen. Die Patientin konnte mit Neuroleptika nicht ruhig gestellt werden. Um das Weglaufen zu hindern, verstellten Krankenschwestern der Beklagten die Tür des Krankenzimmers der Patientin von außen mit einem Krankenbett.

Krankenkasse forderte 93.300 Euro

Am dritten Behandlungstag kletterte die Patientin unbemerkt aus dem Zimmerfenster und stürzte auf ein circa fünf Meter tiefer liegendes Vordach. Sie erlitt erhebliche Verletzungen woran sie später verstarb. Für die unfallbedingte Heilbehandlung und ein Krankenhaustagegeld wandte die Klägerin circa 93.300 Euro auf. Diese verlangte die Krankenkasse wegen unzureichende Sicherungsmaßnahmen ersetzt.

Berufungsgericht bestätigt Verletzung der Verkehrssicherungspflicht

Dem ist das Gericht gefolgt. Die Beklagte habe gegen ihre vertraglichen Fürsorgepflichten und gegen die ihr obliegende Verkehrssicherungspflicht verstoßen. Die Beklagte hatte die Patientin im Rahmen des Möglichen und Zumutbaren, soweit der körperliche und geistige Zustand der Patientin dies erfordert habe, vor Schäden und Gefahren schützen müssen. Dieser Verpflichtung sei die Beklagte nicht gerecht geworden. Ausweislich der Dokumentation der Beklagten sei das Verhalten der Patientin auch am Unfalltag unberechenbar gewesen. Sie habe auch an dem Tag aus dem Zimmer flüchten wollen.

Fenster hätte gesichert werden müssen

Die Beklagte hätte beim vorliegenden Krankheitsbild das Öffnen dieses Fensters durch die Patientin verhindern oder diese in ein ebenerdig gelegenes Krankenzimmer verlegen müssen. Die notwendigen Vorkehrungen gegen ein Hinaussteigen der Patientin aus dem Fenster des Krankenzimmers seien der Beklagten möglich und zumutbar gewesen. Das pflichtwidrige Unterlassen dieser Maßnahme begründe die Haftung des Krankenhauses.

Gerichtlich bestätigtes Entlassungsverlangen des Betriebsrats rechtfertigt ordentliche Kündigung

Rechtskräftiges Entlassungsverlangen an Arbeitsgeber durch Betriebsrat

Ein Betriebsrat kann einem Arbeitgeber mit gerichtlichen Entlassungsverlangen rechtskräftig aufgegeben, einen Arbeitnehmer zu entlassen. Dann liegt für eine ordentliche Kündigung dieses Arbeitnehmers ein dringendes betriebliches Erfordernis vor. Hierüber hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) mit Urteil vom 28.03.2017 entschieden. Das Aktenzeichen des BAG lautet: 2 AZR 551/16.

Betriebsrat hat zunächst außergerichtlich – erfolglos – Arbeitgeberin zur Entlassung aufgefordert

Vorliegend war die Klägerin war bei der Beklagten langjährig als Sachbearbeiterin beschäftigt. Ende April 2015 forderte der Betriebsrat die Beklagte auf, die Klägerin zu entlassen. Hilfsweise verlangte der Betriebsrat die Versetzung der Klägerin. Zur Begründung verwies der Betriebsrat auf Vorfälle zwischen der Klägerin und ihren Arbeitskollegen. Diese hatten sich im Oktober 2014 und Januar 2015 ereignet. Die Beklagte kam der Aufforderung des Betriebsrates nicht nach.

Beschlussverfahren beim Arbeitsgericht mit Verpflichtung zur Entlassung der Klägerin

Darauf strengte der Betriebsrat ein Beschlussverfahren gemäß § 104 Satz 2 BetrVG beim Arbeitsgericht an. Das Arbeitsgericht gab der Beklagten antragsgemäß auf, die Klägerin „zu entlassen“. Die Klägerin war in dem Beschlussverfahren nach § 83 Abs. 3 ArbGG vom Arbeitsgericht angehört worden.

Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitgeber

Die Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis der Klägerin außerordentlich, hilfsweise ordentlich. Die Klägerin erhob Klage beim Arbeitsgericht. Sie meinte, es liege kein ein wichtiger Grund im Sinne des § 626 Abs. 1 BGB für die außerordentliche Kündigung vor. Es würde auch kein Grund für die ordentliche Kündigung vorliegen. Diese sei nicht sozial gerechtfertigt im Sinne des § 1 Abs. 2 KSchG. Beide Vorinstanzen stellten fest, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nicht durch die fristlose Kündigung aufgelöst worden sei. Trotzdem wurde die gegen die ordentliche Kündigung gerichtete Klage abgewiesen.

Ordentliche Kündigung durch dringendes betriebliches Erfordernis gerechtfertigt

Das BAG hat die Revisionen der Parteien zurückgewiesen. Das BAG verwies auf die – auch im Verhältnis zur Klägerin – rechtskräftige Entscheidung des Arbeitsgerichts. Hiernach war die Beklagte verpflichtet, die Klägerin zu entlassen. Dies sei ein dringendes betriebliches Erfordernis im Sinne des § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG für die ordentliche Kündigung. Der Beklagten sei jedoch durch den Beschluss nicht die fristlose Beendigung des Arbeitsverhältnisses aufgegeben worden. Es griff somit nur die ordentliche Kündigung.

Kündigungsschutz bei Schwerbehinderung trotz Unkenntnis des Arbeitgebers bei Ausspruch der Kündigung

Schwerbehinderteneigenschaft Arbeitgeber bei Kündigung nicht bekannt

Ein Kündigungsschutz bei Schwerbehinderung des Arbeitnehmers kann auch dann vorliegen, wenn der Arbeitgeber zum Zeitpunkt der Kündigung noch keine Kenntnis von der Schwerbehinderteneigenschaft hatte.

Mitteilungsfrist des Arbeitnehmers

Der Arbeitnehmer muss aber dem Arbeitgeber innerhalb der Frist des § 4 Kündigungsschutzgesetz darüber informieren, d. h. innerhalb von drei Wochen ab Zugang der Kündigung. Nach dem Urteil das Bundesarbeitsgerichts vom 22.09.2016 zum Aktenzeichen 2 AZR 700/15 ist eine Zeitspanne hinzuzurechnen, innerhalb derer der Arbeitnehmer den Zugang der Mitteilung beim Arbeitgeber bewirken kann.

Ergänzung der Anhörung des Betriebsrats

Die Anhörung des Betriebsrats ist durch den Arbeitgeber zu ergänzen, wenn sich vor Ausspruch der Kündigung der dem Betriebsrat unterbreitete Sachverhalt in wesentlichen Punkten zugunsten des Arbeitnehmers geändert hat, so wie beim Vorliegen der Schwerbehinderteneigenschaft.

Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts zum Kündigungsschutz bei Schwerbehinderung

Die Revision des Arbeitgebers gegen das stattgebende Urteil des Landesarbeitsgerichts blieb ohne Erfolg. Mangels Zustimmung des Integrationsamtes war die Kündigung gemäß § 85 SGB IX in Verbindung mit § 134 BGB nichtig, da der Kläger zum Kündigungszeitpunkt als schwerbehinderter Mensch anerkannt gewesen sei und somit das Recht hatte, sich auf den Sonderkündigungsschutz zu berufen.

Rechtszeitige Information von Schwerbehinderteneigenschaft

Der Kläger hatte rechtzeitig den Arbeitgeber von der Schwerbehinderteneigenschaft informiert. Daher ist auch keine Verwirkung eingetreten. Die Verwirkung trete nur ein, wenn der Arbeitgeber von der Schwerbehinderteneigenschaft keine Kenntnis hatte und der Arbeitnehmer sich nicht innerhalb der Dreiwochenfrist des § 4 KSchG darauf beruft. So das Bundesarbeitsgericht.

Überlegungsfrist des Arbeitnehmers

Nach den Ausführungen des Gerichts könne der Arbeitnehmer in diesem Zeitraum überlegen, ob er den Sonderkündigungsschutz geltend macht. Außerdem sei dem Arbeitnehmer zusätzlich eine Zeitspanne einzuräumen, um den Zugang der Mitteilung beim Arbeitgeber zu bewirken. Diese Ausführungen waren erforderlich, da der Arbeitnehmer den Arbeitgeber erst 22 Tage nach Zugang des Kündigungsschreibens über die Antragstellung informierte. Die Dreiwochenfrist hätte nach 21 Tagen geendet.

Abgekürzte Kündigungsfrist in der Probezeit muss sich aus Arbeitsvertrag deutlich ergeben

Gesetzliche Regelung des § 622 BGB

Der Arbeitsvertrag kann eine Probezeit von längstens sechs Monaten vorsehen. Dann kann das Arbeitsverhältnis in dieser Zeit ohne weitere Vereinbarung von beiden Seiten mit einer Frist von zwei Wochen gekündigt werden.

Unklarheit im Arbeitsvertrag zur Kündigungsfrist in Probezeit

Ist im Arbeitsvertrag eine weitere Klausel mit einer längeren Kündigungsfrist enthalten, können sich Unklarheiten ergeben. Der Arbeitgeber muss unmissverständlich deutlich machen, dass diese längere Frist erst nach dem Ende der Probezeit gelten soll. Sonst könnte der Arbeitnehmer diese Regel dahin verstehen, dass der Arbeitgeber schon während der Probezeit nur mit der vereinbarten längeren Frist kündigen kann. Diese Unklarheit geht zu Lasten des Arbeitgebers.

So hat dies das Bundesarbeitsgericht im Urteil vom 23.03.2017 zum Aktenzeichen 6 AZR 705/15 klargestellt. Dies geht aus der Pressmitteilung des Gerichts Nr. 17/2017 hervor.

Arbeitsvertrag des Klägers

Vorliegend war der Kläger ab April 2014 bei der Beklagten als Flugbegleiter beschäftigt. Im  vom Beklagten vorformulierten Arbeitsvertrag war in § 1 pauschal bestimmt, dass sich die Rechte und Pflichten der Parteien nach einem Manteltarifvertrag richten. Der Manteltarifvertrag sah während der Probezeit besondere Kündigungsfristen vor.

Weiter war in § 3 des Arbeitsvertrags zu „Beginn und Dauer des Arbeitsverhältnisses“ vorgesehen, dass die ersten sechs Monate des Arbeitsverhältnisses als Probezeit gelten.

In § 8 des Vertrags zur „Beendigung des Arbeitsverhältnisses“ war ohne Bezugnahme auf § 1 oder § 3 des Vertrags festgelegt, dass eine Kündigungsfrist von sechs Wochen zum Monatsende gelte.

Kündigung durch den Arbeitgeber

Am 05.09.2014 erhielt der Kläger eine Kündigung zum 20.09.2014. Mit der Klage begehrt er die Feststellung, das Arbeitsverhältnis habe erst mit Ablauf der in § 8 des Arbeitsvertrags vereinbarten Frist und damit zum 31.10.2014 geendet hat. Aus dem Vertrag ergebe sich nicht, dass innerhalb der ersten sechs Monate des Arbeitsverhältnisses eine kürzere Kündigungsfrist gelten solle.

Verfahrensgang

Das Arbeitsgericht hatte die Klage noch abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht aber hatte auf die Berufung des Klägers das Urteil abgeändert und der Klage stattgegeben. Die Revision der Beklagten hatte vor dem BAG keinen Erfolg.

Regeln bei allgemeinen Geschäftsbedingungen

Die Bestimmungen des von der Beklagten vorformulierten Arbeitsvertrags seien als Allgemeine Geschäftsbedingungen so auszulegen, wie sie ein durchschnittlicher, regelmäßig nicht rechtskundiger Arbeitnehmer versteht. Aus dessen Sicht lasse eine Vertragsgestaltung wie die im Arbeitsvertrag der Parteien nicht erkennen, dass dem Verweis auf den Manteltarifvertrag und der Vereinbarung einer Probezeit eine Bedeutung für Kündigungsfristen zukommt. Nach Wortlaut und Systematik des Vertrags sei vielmehr allein die Bestimmung einer sechswöchigen Kündigungsfrist maßgeblich, so das Bundesarbeitsgericht. Diese Frist gelte auch für Kündigungen in der vereinbarten Probezeit.

Patientenverfügung, BGH zu den Voraussetzungen einer für den Abbruch lebenserhaltender Maßnahmen bindenden Patientenverfügung

Wie bestimmt muss eine Patientenverfügung sein? Was hat der BGH entschieden?

Bereits mit Beschluss vom 08. Februar 2017 zum Aktenzeichen XII ZB 604/15 hat der BGH zu den Voraussetzungen der Bindung an eine Patientenverfügung entschieden. Nach den Presseartikeln hierzu ist es zu viel Verunsicherung bei Menschen mit bereits erstellten Patientenverfügungen gekommen. Nunmehr hat der BGH am 24. März 2017 mit seiner Pressemitteilung Nr. 40/2017 für etwas mehr Klarheit gesorgt, welche Grundlage für die nachfolgende Ausführungen ist. Zugleich wurde das 21 Seiten umfassende Urteil veröffentlicht.

Welcher Erkrankung hatte die Betroffene?

Die 1940 geborene Betroffene erlitt im Mai 2008 einen Schlaganfall. Seit einem hypoxisch bedingten Herz-Kreislaufstillstand im Juni 2008 befindet sie sich in einem wachkomatösen Zustand. Die Betroffene wird seit diesem Zeitpunkt über eine Magensonde künstlich ernährt und mit Flüssigkeit versorgt.

Was stand in der Patientenverfügung?

1998 hatte die Betroffene ein mit „Patientenverfügung“ betiteltes Schriftstück unterschrieben. Dort hatte sie niedergelegt, dass „lebensverlängernde Maßnahmen unterbleiben“ sollten. Dies sollte jedoch nicht in jedem Fall gelten. Unter anderem dann sollte es gelten, wenn keine Aussicht auf Wiedererlangung des Bewusstseins besteht. Es sollte auch dann gelten, wenn aufgrund von Krankheit oder Unfall ein schwerer Dauerschaden des Gehirns zurückbleibe.

Wie hat sich die Betroffene bereits früher geäußert?

Bereits früher hat sich die Betroffen bezüglich des Wachkommas geäußert. Diese Äußerungen tätigte sie zu nicht genauer festgestellter Zeit zwischen 1998 und ihrem Schlaganfall. Gegenüber verschiedenen Familienangehörigen und Bekannten hat sie sich angesichts zweier Wachkoma-Patienten aus ihrem persönlichen Umfeld mehrfach geäußert. Die Betroffene wolle selbst nicht künstlich ernährt werden. Sie wolle nicht so am Leben erhalten werden. Die Betroffene wolle nicht so daliegen, lieber sterbe sie. Sie äußerte zudem, sie habe auch durch eine Patientenverfügung vorgesorgt, das könne ihr somit nicht passieren.

Welche Äußerungen gab es von der Betroffenen nach ihrem eigenen Schlaganfall?

Die Betroffen hielt im Juni 2008 in der Zeit zwischen dem Schlaganfall und dem späteren Herz-Kreislaufstillstand einmalig die Möglichkeit, trotz Trachealkanüle zu sprechen. Hier sagte sie gegenüber ihrer Therapeutin: „Ich möchte sterben.“

Wie war die Betreuung geregelt?

Der Sohn regte 2012 unter Vorlage der Patientenverfügung von 1998 an, ihr einen Betreuer zu bestellen. Sowohl der Sohn, wie auch der Ehemann der Betroffenen wurden durch das Amtsgericht jeweils zu alleinvertretungsberechtigten Betreuern bestimmt.

Unterschiedliche Ansichten von Sohn und Ehmann!

Der Sohn der Betroffenen war im Einvernehmen mit dem bis dahin behandelnden Arzt. Seit 2014 waren Beide der Meinung, die künstliche Ernährung und Flüssigkeitszufuhr solle eingestellt werden. Dies würde dem in der Patientenverfügung niedergelegten Willen der Betroffenen entsprechen. Ihr Ehemann lehnt dies jedoch ab.

Wie liefen die Gerichtsverfahren.

Amtsgericht

Das Amtsgericht hat den Antrag der durch ihren Sohn vertretenen Betroffenen auf Genehmigung der Einstellung der künstlichen Ernährung und Flüssigkeitszufuhr abgelehnt.

Landgericht

Das Landgericht hat die dagegen gerichtete Beschwerde der Betroffenen zurückgewiesen.

Bundesgerichtshof (BGH)

Auf die Rechtsbeschwerden der Betroffenen und ihres Sohnes hat der Bundesgerichtshof die angefochtene Entscheidung aufgehoben und das Verfahren an das Landgericht zurückverwiesen.

Rechtliche Bewertung durch den BGH

Der vom Sohn der Betroffenen beabsichtigte Widerruf der Einwilligung in die mit Hilfe einer PEG-Magensonde ermöglichten künstlichen Ernährung nach § 1904 Abs. 2 BGB bedarf grundsätzlich der betreuungsgerichtlichen Genehmigung. Dies dann, wenn durch den Abbruch der Maßnahme die Gefahr des Todes droht.

Es ist jedoch eine betreuungsgerichtliche Genehmigung nach § 1904 Abs. 2 BGB dann nicht erforderlich, wenn der Betroffene einen entsprechenden eigenen Willen bereits in einer bindenden Patientenverfügung nach § 1901 a Abs. 1 BGB niedergelegt hat.

Diese Patientenverfügung muss auf die konkret eingetretene Lebens- und Behandlungssituation zutreffen.

Eine schriftliche Patientenverfügung im Sinne des § 1901 a Abs. 1 BGB entfaltet aber nur dann unmittelbare Bindungswirkung, wenn ihr konkrete Entscheidungen des Betroffenen über die Einwilligung oder Nichteinwilligung in bestimmte, bei Abfassung der Patientenverfügung noch nicht unmittelbar bevorstehende ärztliche Maßnahmen entnommen werden können.

Anforderungen an Bestimmtheit nicht überspannen!

Dabei dürfen die Anforderungen an die Bestimmtheit einer Patientenverfügung aber auch nicht überspannt werden. Vorausgesetzt werden kann nur, dass der Betroffene umschreibend festlegt, was er in einer bestimmten Lebens- und Behandlungssituation will und was nicht.

Zur erforderlichen Bestimmtheit der Patientenverfügung hatte der Bundesgerichtshof bereits in seinem Beschluss vom 6. Juli 2016 (XII ZB 61/16) entschieden. Die Äußerung, „keine lebenserhaltenden Maßnahmen“ zu wünschen für sich genommen enthält nach dem BGH keine hinreichend konkrete Behandlungsentscheidung.

Jedoch kann die erforderliche Konkretisierung aber gegebenenfalls durch die Benennung bestimmter ärztlicher Maßnahmen oder die Bezugnahme auf ausreichend spezifizierte Krankheiten oder Behandlungssituationen erfolgen kann. So damals der BGH.

Konkretisierung der Rechtsprechung

Diese Rechtsprechung hat der Bundesgerichtshof nun noch weiter präzisiert. Die erforderliche Konkretisierung im Einzelfall auch bei einer weniger detaillierten Benennung bestimmter ärztlicher Maßnahmen vorliegen kann. Sie sich durch die Bezugnahme auf ausreichend spezifizierte Krankheiten oder Behandlungssituationen ergeben kann. Im konkreten Einzelfall ist dann durch Auslegung der in der Patientenverfügung enthaltenen Erklärungen zu ermitteln, ob eine hinreichende Konkretisierung vorliegt.

Warum hat der BGH die Entscheidung des Landgerichts aufgehoben und zurückverwiesen?

Das Beschwerdegericht hatte sich nicht ausreichend mit der Frage befasst hat, ob sich der von der Betroffenen errichteten Patientenverfügung eine wirksame Einwilligung in den Abbruch der künstlichen Ernährung und Flüssigkeitsversorgung entnehmen lässt. Denn die Betroffene hat in der Patientenverfügung ihren Willen zu der Behandlungssituation u. a. an die medizinisch eindeutige Voraussetzung geknüpft, dass bei ihr keine Aussicht auf Wiedererlangung des Bewusstseins besteht.

Zudem hat die Betroffene die ärztlichen Maßnahmen, die sie u.a. in diesem Fall wünscht oder ablehnt, durch die Angabe näher konkretisiert, dass Behandlung und Pflege auf Linderung von Schmerzen, Unruhe und Angst gerichtet sein sollen, selbst wenn durch die notwendige Schmerzbehandlung eine Lebensverkürzung nicht auszuschließen ist.

Auslegung der Patientenverfügung und Feststellung konkrete Gesundheitszustand

Diese Festlegungen in der Patientenverfügung könnten dahingehend auszulegen sein, dass die Betroffene im Falle eines aus medizinischer Sicht irreversiblen Bewusstseinsverlusts wirksam in den Abbruch der künstlichen Ernährung eingewilligt hat. Jedoch hat das Beschwerdegericht bisher nicht festgestellt, ob der derzeitige Gesundheitszustand der Betroffenen im Wachkoma auf diese konkret bezeichnete Behandlungssituation zutrifft. Der BGH selbst kann aus rechtlichen Gründen keine Sachverhaltsermittlungen vornehmen. Daher müsse das Beschwerdegericht diese Ermittlung nachholen.

Weitere Prüfung des mutmaßlichen Willens

Der BGH hat zudem klargestellt, dass womöglich der mutmaßliche Wille der Betroffenen zu ermitteln sein wird. Nämlich dann, wenn das Beschwerdegericht zu dem Ergebnis gelangt, dass der derzeitige Gesundheitszustand der Betroffenen nicht den Festlegungen der Patientenverfügung entspricht. Dann ist zu prüfen, ob ein Abbruch der künstlichen Ernährung dem mutmaßlichen Willen der Betroffenen entspricht. Dieser mutmaßliche Wille ist anhand konkreter Anhaltspunkte zu ermitteln. Hier sind insbesondere früherer mündlicher oder schriftlicher Äußerungen heranzuziehen. Aber auch ethische oder religiöse Überzeugungen oder sonstiger persönlicher Wertvorstellungen der Betroffenen. Entscheidend ist dabei immer die Frage, wie die Betroffene selbst entschieden hätte, wenn sie noch in der Lage wäre, über sich selbst zu bestimmen.

Versorgung kranken Tieres kann Fernbleiben vom Arbeitsplatz rechtfertigen

Steht dem Arbeitnehmer wegen der Versorgung eines kranken Tieres ein Leistungsverweigerungsrecht gegenüber dem Arbeitgeber zu?

Vorliegend hat der Arbeitgeber eine Kündigung ausgesprochen. Grund was das Fernbleiben vom Arbeitsplatz. Er hatte die Versorgung eines kranken Hundes vorzunehmen. Der Kläger hat sich mit Klage und Berufung gegen diese Kündigung gewährt.

Das Landesarbeitsgericht Nürnberg hat mit Urteil vom 21.07.2016 zum Aktenzeichen 5 Sa 59/16 entschieden. Nach dem Urteil hat der Arbeitnehmer jedoch die Pflicht, dem Arbeitgeber die Umstände seines Fernbleibens vorab zu informieren hat. Sonst kann die Kündigung gerechtfertigt sein.

Hierbei stellte das Landesarbeitsgericht ausdrücklich klar:

„Selbst unterstellt, ein Arbeitnehmer habe bei schwerer Erkrankung eines Haustiers und fehlender anderer Versorgungsmöglichkeit sowie zwingender Versorgungsnotwendigkeit während der Arbeitszeit ein Leistungsverweigerungsrecht gem. § 275 III BGB, …“ Damit hat das Gericht jedoch nicht gesagt, dass dieser Grund ein Leistungsverweigerungsrecht ist. Es hat nur gesagt, dass es ein Leistungsverweigerungsrecht sein könnte.

Das Landesarbeitsgericht hat zugunsten des Klägers unterstellt, dass § 616 BGB auch solche Fälle umfasst. Also Fälle in denen der Arbeitnehmer sich auch um bei ihm im Haushalt lebende Tiere kümmern muss zweck einer ärztlichen Betreuung. Das Landesarbeitsgericht hat auf die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts Bezug genommen. Der Arbeitnehmer muss dem Arbeitgeber alle Umstände darlegen, die es rechtfertigen, dass der Arbeitnehmer sich zu Recht auf § 616 BGB berufen kann. Erst wenn der Arbeitgeber diese nachvollziehen kann und trotzdem kündigt, unterliegt eine nachfolgende Kündigung dem Maßregelungsverbot.

Vorliegend hat der Kläger dies nicht dargelegt. Er hat dem Arbeitgeber nur mitgeteilt hat, dass der Hund erkrankt sei und ärztlicher Behandlung bedürfe. Er hätte zusätzlich mitteilen müssen hat, dass eine anderweitige Versorgung des Hundes nicht möglich ist. Als weder durch seine Lebensgefährtin oder andere Dritte. Hätte der Arbeitnehmer eine solche Mitteilung vorgenommen, hätte das Landesarbeitsgericht möglichweise zu Gunsten des Klägers die Kündigung für unwirksam angesehen.

Jedoch hätte auch dies noch nicht ausgereicht. Nach Auffassung des Gerichts hätte der Kläger darüber hinaus den Arbeitgeber auch noch weiter informieren müssen. So, dass die medizinische Versorgung zwingend innerhalb der Arbeitszeit zu erfolgen habe und nicht außerhalb der Arbeitszeit möglich ist.

Daher sollten die Arbeitnehmer in solchen Notfällen, dem Arbeitgeber – nachweislich – lieber zu viel und ausführlich alles mitteilen. Insbesondere mitteilen, welche Gründe insgesamt dazu führen, dass ein Leistungsverweigerungsrecht besteht. Weiterhin sollte er mitteilen, dass alle anderen Möglichkeiten ausgeschöpft sind, bzw. warum diese nicht möglich sind.

Rente wegen Erwerbsminderung bei fehlender Wegefähigkeit

Volle Rente wegen Erwerbsminderung bei fehlender Wegefähigkeit

Das Landessozialgericht Baden-Württemberg hat mit Urteil vom 22.03.2016 zum Aktenzeichen L 13 R 2903/14 einem Mann eine volle Rente wegen Erwerbsminderung aufgrund der fehlenden Wegefähigkeit zugesprochen. Aufgrund einer starken Sehstörung mit ausgeprägtem Gesichtsfeldausfall konnte er weder selbst Auto fahren noch gefahrlos öffentliche Verkehrsmittel nutzen oder mittlere Strecken zu Fuß zurücklegen. Damit könne er eine Arbeitsstelle nicht mehr zumutbar erreichen.

Die Deutsche Rentenversicherung lehnte den Antrag zunächst ab, da der Versicherte, wenn auch unter gewissen Einschränkungen, noch beruflich tätig sein könne. So könne er etwa noch als Poststellenmitarbeiter arbeiten. Das Landessozialgericht stellte klar, zur Erwerbsfähigkeit gehöre auch die Fähigkeit, eine Arbeitsstelle aufzusuchen, die sogenannte Wegefähigkeit. Bereits das Bundessozialgericht stellte vor Jahren die Kriterien für eine Wegefähigkeit klar. Wenn der Versicherte nicht mehr in der Lage ist, ohne besondere Gefahr für sich oder andere täglich viermal Wegstrecken von 500 Metern mit einem zumutbaren Zeitaufwand von bis zu 20 Minuten zu Fuß zurückzulegen und zweimal öffentliche Verkehrsmittel während der Hauptverkehrszeiten zu benutzen, oder ein eigenes Kfz zu steuern, so liegt die Wegefähigkeit nicht mehr vor.

Erwerbsminderung bei Wegeunfähigkeit

Rente wegen Erwerbsminderung aufgrund Wegunfähigkeit