Ärztliche Versorgung in der Fläche

Mit dem ab dem 01.01.2012 in Kraft getretenen „Versorgungsstrukturgesetz“ glaubt der Bundesgesetzgeber, eine flächendeckende bedarfsgerechte medizinische Versorgung im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung gewährleisten zu können. Hierzu sollen minimale Anreize im Vergütungssystem der Ärzte, die bundeseinheitliche Bereitschaftsnummer „116 117“, eine Förderung mobiler Versorgungskonzepte, Förderung von Ärztekooperationen, beitragen. Die Ärzte sollen zur Vermeidung von Regress beraten werden und Ärztinnen bessere Vertretungsmöglichkeiten bei der Entbindung eines eigenen Kindes erhalten.

Die Möglichkeiten der Satzungsleistung zur Haushaltshilfe, erweiterte Angebotsmöglichkeiten von  Satzungsleistungen, also über das Gesetz hinausgehende Leistungen der einzelnen Krankenkassen, sollen erweitert werden.

Eine Entlastung der Ärzte von Bürokratie und höherer Zeitanteil für die Behandlung der Patienten anstelle der Bearbeitung von Formalien und Statistiken, ein Abbau von Regressrisiken der Ärzte, eine angemessene Vergütung für Hausbesuche und Fahrtwege der Ärzte, eine wirksame Verbesserung der Vereinbarkeit des Arztberufes mit dem Familienleben ist jedoch nicht ersichtlich. Daher bestehen in der Fachwelt erhebliche Zweifel, ob mit diesem neuen Gesetz tatsächlich die Bedingungen für Ärzte und Patienten verbessert werden und die Versorgungsprobleme gelöst werden können.

Wer eine flächendeckende ärztliche Versorgung auch im ländlichen Bereich gewährleisten will, muss für die Ärzte die entsprechenden Rahmenbedingungen schaffen, dass es sich inbesondere für neu niederzulassende Ärzte wieder attraktiv wird, im ländlichen Raum eine Praxis zu übernehmen oder zu gründen. Hierfür reichen die Ansätze im Gesetz mit großer Wahrscheinlichkeit nicht aus. Die Abgeordneten des Deutschen Bundestages sind gefordert, dass zukünftig auch unter Beachtung der Demographieentwicklung im ländlichen Raum den dort lebenden Menschen eine ärztliche Versorgung gewährleistet werden kann.

Datenschutz-Verletzung durch Jobcenter

Der Datenschutz darf auch durch das Jobcenter nicht verletzt werden. Das Bundessozialgericht hat mit der Entscheidung vom 25.01.2012 zum Aktenzeichen B 14 AS 65/11 R bestätigt, dass das verklagte Jobcenter durch Schreiben an den Vermieter und Telefongespräche mit diesem „unbefugt Sozialgeheimnisse der Kläger offenbart hat, indem es den Leistungsbezug der Kläger mitgeteilt hat. Nach den auch für das SGB II geltenden datenschutzrechtlichen Vorschriften hat jeder Anspruch darauf, dass die ihn betreffenden Sozialdaten von den Leistungsträgern nicht unbefugt erhoben, verarbeitet oder genutzt werden.“ Das Jobcenter „kann eine Befugnis zum Offenbaren der Sozialdaten hier nicht damit rechtfertigen, dass dies erforderlich gewesen sei, um die eigenen Aufgaben zu erfüllen. Es musste in jedem Fall die schutzwürdigen Interessen der Kläger beachten und hätte deshalb vor einer Kontaktaufnahme mit Dritten zunächst das Einverständnis der Kläger einholen müssen.“ Eine Verletzung des Datenschutzes kann geahndet werden. Entsprechende Strafantrage tragen möglicherweise zur Disziplierung der Jobcenter bei.

Bereits die Offenbarung gegenüber Dritten, dass jemand Leistungen durch das Jobcenter erhält stellt eine Verletzung des Datenschutzes dar. Die Informationen für die Leistungsbearbeitung sind zunächst vom Betroffenen einzuholen. Das Jobcenter kann nicht von sich aus an Vermieter oder Arbeitsgeber herantreten, mitteilen dass der Betroffene oder ein Mitglied der Bedarfsgemeinschaft Leistungen erhält und Informationen zur Wohnung, Miete, Arbeit, Verdienst usw. einholen, ohne vorher beim Bedürftigen vorher die Daten einzuholen. Fraglich ist, ob die Zustimmung des Betroffenen erforderlich ist, wenn das Jobcenter von falschen oder unvollständigen Daten ausgeht oder ob bei Ablehnung der Zustimmung nur mit Zwangsmitteln reagiert werden kann

Derartiges Fehlverhalten kann entweder als Ordnungswidrigkeit mit einer Geldbuße bis zu 250.000,00 Euro oder strafrechtlich mit einer Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren bestraft werden. Jedoch wird die Tat nur auf Antrag verfolgt, dass hierzu ein Strafantrag des Betroffenen erforderlich ist.

Schwerbehinderter darf nicht benachteiligt werden

Ein Schwerbehinderter darf bei der Auswahl für einen freien Arbeitsplatz nicht benachteiltigt werden. Wenn ein Arbeitgeber nicht prüft, „ob ein freier Arbeitsplatz mit einem schwerbehinderten Bewerber besetzt werden kann, begründet dies die Vermutung einer Benachteiligung“ Schwerbehinderter. So hat das Bundesarbeitsgericht mit Urteil vom 13.10.2011 zum Aktenzeichen 8 AZR 608/10 entschieden. Nach dem SGB IX sind private wie öffentliche Arbeitgeber verpflichtet, sich frühzeitig mit der Agentur für Arbeit in Verbindung zu setzten, um zu prüfen, ob auch ein arbeitsloser oder arbeitssuchend gemeldeter Schwerbehinderter für die freie Stelle berücksichtigt werden kann. Wegen dieser Benachteiligung des Schwerbehinderten muss der Arbeitgeber eine Entschädigung an den Schwerbehinderten zahlen. Die Vorinstanz muss entscheiden, wie hoch diese Entschädigung im Einzelfall ist. Nach dem Gesetz ist der dem Schwerbehinderten entstandene Schaden zu ersetzen, sofern ein konkreter Schaden nachweisbar ist. Darüber hinaus ist ein Schaden, der nicht Vermögensschaden ist, auf Verlangen zu zahlen. Bei der Nichteinstellung darf die Entschädigung drei Monatsgehälter nicht übersteigen, wenn der schwerbehinderte Bewerber auch bei benachteiligungsfreier Auswahl nicht eingestellt worden wäre. Ansonsten kann die Entschädigung noch höher sein.

Daher sollten Arbeitgeber bereits bei der Stellenausschreibung beachten, dass Schwerbehinderte nicht benachteiligt werden und zumindest zeitgleich mit der Stellenausschreibung bei der Bundesagentur für Arbeit nachfragen, ob ein Schwerbehinderter mit den Qualifikationen für den freien Arbeitsplatz zur Verfügung steht. Bewirbt sich ein Schwerbehinderter, ist er grundsätzlich zum Vorstellungsgespräch einzuladen, zumindest wenn er die Qualifikationen für die beworbene Stelle besitzt. Das Gesetz dient dazu, das Risiko der Behinderung Schwerbehinderter zu verringern.

Patientenakte – Einsichtsrecht

Jeder Patient hat das Recht, in seine Patientenakte einzusehen. Hierzu bedarf es keiner Begründung. Dies kann unter anderem wichtig sein bei vermuteten Fehlern des Arztes, Krankenhauses, der Pflege- oder der Rehabilitationseinrichtung. Auch für die Verfolgung von Ansprüchen gegen private Versicherungen oder gesetzliche Versicherungen wegen Krankheit, Unfall oder Erwerbsunfähigkeit sind die Patientenakten von erheblicher Bedeutung.

In den Patientenunterlagen sind u.a. die Dokumentationen zum Aufklärungsgespräch, Laborergebnisse, Röntgenaufnahmen, Diagnosen, Medikamente, aber auch Angaben zu Prothesen und Implantaten enthalten.

Das gleiche Recht steht Angehörigen oder Erben des Patienten zu, wenn sie ein berechtigtes Interesse an der Einsicht in die Patientenunterlagen haben. Dieses Interesse kann mit der Vorlage einer Vorsorgevollmacht, des Betreuerausweises oder Erbscheins erfolgen.

Der Arzt hat jedoch Anspruch auf die entsprechenden Kopierkosten. Das Anforderungsschreiben sollte enthalten, für welchen Zeitraum, welche Patientenunterlagen oder ob die gesamten Patientenunterlagen angefordert werden. Gerade in Arzthaftungssachen ist eine vollständige Patientenakte von großer Bedeutung. In der Regel muss der Patient nachweisen, dass der Arzt oder das Krankenhaus Fehler gemacht hat und diese Fehler zu den eingetretenen Folgen geführt haben. Sind Patientenunterlagen lückenhaft, muss der Arzt nachweisen, dass auch nicht dokumentierte Aufklärungen, Diagnosen, Behandlungen usw. erfolgt sind. Ansonsten wird davon ausgegangen, dass diese nicht durchgeführt wurden.

Sollte es zu Verzögerungen bei der Einsicht oder Kopie der Patientenakte kommen oder verweigert der Arzt oder das Krankenhaus die Einsicht oder Kopie der Patientenakte, sollte ein auf das Arzthaftungsrecht spezialisierte Rechtsanwalt hinzugezogen werden. Dies sind zum Beispiel die Fachanwälte für Medizinrecht.

Erwerbsminderungsrente und Hartz IV

Bei dem Bezug von SGB II – Leistungen wird die Erwerbsminderungsrente grundsätzlich vollständig angerechnet. Für diejenigen, die eine Rentenhöhe oberhalb der SGB II – Leistungen erwarten, bzw. die zukünftig nicht auf SGB II – Leistungen angewiesen sind, müssen noch im Jahr 2012 bei Vorliegen der gesundheitlichen Voraussetzungen einen Rentenantrag stellen. Eine versicherungsrechtliche Voraussetzungen für die Erwerbsminderungsrente nach § 43 SGB V ist, dass in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung mindestens drei Jahre Pflichtbeiträge in die Rentenversicherung eingezahlt wurden. Aufgrund der Kürzung der SGB II – Leistungen dahingehend, dass ab Januar 2011 keine Pflichtbeiträge beim Bezug von SGB II durch das Amt eingezahlt werden, hat man Ende 2012 zwei Jahre zusammen, in welchen keine Pflichtbeiträge eingezahlt wurden. Sollte der Rentenantrag erst im Jahr 2013 gestellt werden, hat man keine drei Jahre Pflichtbeiträge innerhalb der letzten fünf Jahre. Daher sollten alle, welche eine Aussicht auf eine Erwerbsminderungsrente aufgrund Ihres Gesundheitszustandes haben, spätestens im Jahr 2012 einen entsprechenden Rentenantrag stellen. Alle diejenigen, die neu in den Bezug von SGB II fallen, sollten ebenfalls diese Voraussetzungen für den Bezug einer Rente wegen Erwerbsminderung kennen, dass sie ihren Rentenantrag innerhalb dieser Frist von 5 Jahren mit drei Jahren Pflichtbeiträgen stellen.

Gegen den ablehnenden Bescheid zur Erwerbsminderungsrente kann innerhalb eines Monats Widerspruch eingelegt werden. Sollte der Widerspruch mit einem Widerspruchsbescheid abgewiesen werden, ist binnen einen Monats die Klage beim Sozialgericht des Wohnorts möglich. Die Rechtschutzversicherungen übernehmen im Rahmen des Familienrechtschutz die Kosten für das Klageverfahren und innerhalb des Klageverfahrens für eventuell erforderliche zusätzliche Gutachten. Vor dem Klageverfahren übernehmen einzelne Rechtsschutzversicherungen bereits ganz oder teilweise Kosten des Rechtsanwalts. Das Widerspruchsverfahren ist kostenfrei. Es entstehen auch keine Gebühren, wenn der Widerspruch abgewiesen wird. Beim Sozialgericht entstehen keine Gerichtsgebühren.

Familienpflegezeit

Mit Wirkung ab dem 01.01.2012 hat der Gesetzgeber das Familienpflegezeitgesetz erlassen. Hiernach kann der Arbeitgeber, muss jedoch nicht, mit dem Arbeitnehmer eine Familienpflegezeit für die Pflege von nahen Angehörigen in häuslicher Umgebung vereinbaren. Die verringerte Arbeitszeit muss noch mindestens 15 Stunden wöchentlich betragen. Die Pflegezeit darf längstens 24 Monate betragen. Das Einkommen wird vom Arbeitgeber zum Teil aufgestockt, dass sich die Vergütung nicht im gleichen Umfang wie die Arbeitszeit verringert. Hierfür kann der Arbeitgeber ein zinsloses Darlehen erhalten, wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt werden. Der Arbeitgeber baut ein Wertguthaben infolge der Familienpflegezeit auf, da er mehr Vergütung zahlt, als dies der tatsächlichen Arbeitszeit entspricht. Der pflegende Arbeitnehmer muss eine Familienpflegezeitversicherung für den Fall des Todes oder der Berufsunfähigkeit des pflegenden Arbeitnehmers abschließen, um in diesen Fällen u.a. dem Arbeitgeber das Wertguthaben zu ersetzen.

In der Nachpflegezeit arbeitet der Arbeitnehmer wieder im gleichen Umfang, wie vor Beginn der Pflegezeit. Seine Vergütung bleibt solange verringert, bis das Wertguthaben des Arbeitgebers aufgebraucht ist. Bei vorzeitiger Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses hat der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber das Wertguthaben zu erstatten, was unter bestimmten Umständen entfallen kann. Darüber hinaus trägt der Arbeitgeber das Risiko der Zahlungsunfähigkeit des Arbeitnehmers.

Aufgrund der Freiwilligkeit, der Kompliziertheit, der Risikobehaftung und Schwierigkeit des Findens von Ersatzkräften muss bezweifelt werden, dass sich viele Arbeitgeber auf die Familienpflegezeit einlassen werden.

Recht auf ärztliche Aufklärung

Eine ärztliche Behandlung ist in der Regel ein Eingriff an oder in den Körper des Patienten. Der Arzt muss vor Behandlungsbeginn den Patienten in einem persönlichen Gespräch umfassend über den Behandlungsverlauf und Therapieverläufe, mögliche Risiken und Behandlungsalternativen aufklären. Auf dieser Grundlage kann der Patient selbst bestimmen, ob er diese oder eine andere Behandlung oder auch überhaupt keine Behandlung an seinem Körper durch den Arzt oder das Krankenhaus vornehmen lässt. Im Aufklärungsgespräch kann der Patient Rückfragen stellen und Unklarheiten ausräumen lassen. Der Patient hat auch das Recht, vor Behandlungsbeginn eine ärztliche Zweitmeinung einzuholen.

Das Aufklärungsgespräch sollte dokumentiert werden und der Patienten sich eine Kopie vom Aufklärungsbogen geben lassen, dass er auch zu Hause in Ruhe seine Entscheidung fällen kann oder sogar im Ergebnis noch weitere Nachfragen stellen kann.

Im Falle eines ärztlichen Kunstfehlers dient die Aufklärungsdokumentation dem Arzt und Patienten zusätzlich zum Beweis, über was, in welchen Umfang usw. aufgeklärt wurde. Eine unterlassene oder fehlerhafte, wie auch unvollständige Aufklärung kann bis zu Schadensersatzansprüchen führen. Durch eine gute Aufklärung und vollständige Dokumentation können Rechtsstreitigkeiten vermieden werden.

Ärzte und Patienten sollen sich bei Streit um die richtige und volllständige Aurklärung bei einen auf das Arztrecht spezialierten Rechtsanwalt beraten. Dies wäre zum Beispiel ein Fachanwalt für Medizinrecht. Bei rechtzeitiger fachkundiger Beratung können langwierige Auseinandersetzungen oder Gerichtsverfahren möglichst ersparrt werden.

Keine Anrechnung der Erstattung der Stromkosten

Nicht in jedem Fall erfolgt eine Anrechnung der Erstattung der Stromkosten auf das Einkommen. Nach dem Urteil des Bundessozialgerichts vom 23.08.2011 zum Aktenzeichen B 14 AS 186/10 R ist „eine nach Antragstellung tatsächlich zugeflossene Rückerstattung aus abgerechneten Stromkosten, die auf Vorauszahlungen in Zeiträumen der Hilfebedürftigkeit beruht, …, als ursprünglich im Rahmen des pauschalierten Regelbedarfs gewährte Leistungen nach dem SGB II von vornherein von der Einkommensberücksichtigung ausgenommen.“ Zur Begründung führt das Gericht aus, dass es sich hierbei nicht um anrechenbares Vermögen und nicht um anrechenbares Einkommen handelt. Vorliegend hat der Betroffene nach der Antragstellung gerade nichts wertmäßig dazu erhalten, sondern die Einsparungen seines Verbrauchs des Regelsatzes in einem Teil der Ausgaben dienen gerade dazu, einen Ausgleich in anderen Teilen des Regelsatzes auszugleichen. „Der Hilfebedürftige soll über den Einsatz seiner Mittel hinsichtlich des Regelbedarfs im Einzelnen selbst bestimmen und einen gegenüber dem statistisch ermittelten Durchschnittsbetrag höheren Bedarf in einem Lebensbereich durch geringere Ausgaben in einem anderen ausgleichen können.“ Bei wem das Jobcenter Anrechnungen dieser Stromkosten vorgenommen hat, kann dies über Widerspruch und Klage angreifen. Sofern die Fristen bereits verstrichen sind, ist ein Überprüfungsantrag möglich.

Bei diesen Auseinandersetzungen sollte qualifizierter Rechtsrat von spezialierten Rechtsanwälten genutzt werden, welche die aktuelle Rechtsprechung zu den Leistungen nach dem SGB II und den Leistungen nach dem SGB XII kennen. Dies sind insbesondere Fachanwälte für Sozialrecht, welche sich auf die Leistungen an Bedürftige im Rahmen des SGB II und SGB XII spezialiert haben.

Vermittlung unzumutbarer Beschäftigung

Jobcenter vermitteln Bedürftige nicht selten in niedrig bezahlte Erwerbstätigkeit. Das Sozialgericht Berlin musste sich in seiner Entscheidung vom 19.09.2011 zum Aktenzeichen S 55 AS 24521/11 damit auseinandersetzten, unter welche Verdiensthöhen Unzumutbarkeit besteht. Das Berliner Jobcenter hatte eine Sanktion verhängt, weil das Arbeitsverhältnis wegen zu geringer Vergütung vom Bedürftigen abgelehnt wurde. Der Bedürftige wehrte sich gegen diese Sanktion. Das Sozialgericht Berlin entschied: „Eine Vermittlung in wegen sittenwidriger Vergütung rechtswidrige Arbeitsverhältnisse darf von der an das Gesetz gebundene Sozialverwaltung auch im Grundsicherungsbereich nicht vorgenommen und nicht mittels Sanktion erzwungen werden. Eine sittenwidrige Beschäftigung ist unzumutbar im Sinne von § 10 Abs. 1 Nr. 1 SGB II und darf ohne weitere wichtige Gründe abgelehnt werden, selbst wenn der Hilfebedarf dadurch reduziert würde.

Hierbei ist das Sozialgericht davon ausgegangen, dass die Sittenwidrigkeit gegeben ist, wenn das „Arbeitsentgelt bei Vollzeitarbeit mit durchschnittlicher Arbeitsleistung unter dem Grundsicherungsniveau für eine volljährige alleinstehende Person ohne Unterhaltsverpflichtungen, bei grundsicherungsrechtlich angemessener durchschnittlicher Unterkunft“ liegt. Für das Jahr 2011 ist nach den Ausführungen des Sozialgerichts in Berlin eine solche Vollzeitbeschäftigung sittenwidrig, wenn die Bruttovergütung weniger als 1.058,00 Euro beträgt, was einem Stundensatz von 6,34 € bei einer 38,5 Stunde-Woche entspricht.

In solchen Fällen empfiehlt es sich, einen auf das Sozialrecht und das Arbeitsrecht spezialisierten Rechtsanwalt einzuschalten. Dies ist zum Beispiel ein Fachanwalt für Sozialrecht, der zugleich Fachanwalt für Arbeitsrecht ist. Es sind arbeitsrechtliche und sozialrechtliche Fragestellungen innerhalb dieser Auseinandersetzungen mit dem Jobcenter zu klären. Dies führt im Einzelfall bis hin zu gerichtlichen Auseinandersetzungen, wie der obige Fall zeigt. Das Jobcenter ist in der Regel nicht freiwillig bereit, diese Vergütung an die vermittelten Arbeitnehmer zu zahlen.

Forderungsübergang bei „Hartz IV-Leistungen“

Es findet ein Forderungsübergang auf das Jobcenter statt, wenn der Sozialleistungsträger an einen Arbeitnehmer Leistungen erbracht, weil der Arbeitgeber die Vergütung nicht gezahlt hat. Es geht der Vergütungsanspruch gemäß § 115 Abs. 1 SGB X in Höhe der an den Arbeitnehmer selbst gewährten Leistungen auf den Leistungsträger über. So hat das Bundesarbeitsgericht mit Urteil vom 21.03.2012 zum Aktenzeichen 5 AZR 61/11 entschieden. Weiter führte das Bundesarbeitsgericht aus: „Hingegen ist bei Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende an Mitglieder einer Bedarfsgemeinschaft nach dem SGB II der Grundsatz der Personenidentität durchbrochen. Erbringt eine ARGE (jetzt: Jobcenter) Leistungen an den nicht getrennt lebenden Ehegatten, den Lebenspartner des Hilfebedürftigen und an dessen unverheiratete Kinder unter 25 Jahren, weil der Arbeitgeber die Vergütung an den Arbeitnehmer nicht zahlt, geht dessen Vergütungsanspruch nach der in § 34b SGB II enthaltenen Sonderregelung auch in Höhe der an diese Personen erbrachten Leistungen auf den Träger der Grundsicherung über.“

Verzichten Jobcenter auf diese Durchsetzung, werden die nicht zahlenden Arbeitgeber zu Lasten des eigenen Kreishaushaltes und somit der Steuerzahler indirekt subventioniert für ihr arbeitsrechtswidriges Verhalten, anstelle den Forderungsübergang geltend zu machen und durchzusetzen.

Auf der anderen Seite sollten Arbeitgeber darauf achten, dass Ihnen nicht unberechtigt Forderungen in Rechnung gestellt werden. Das Jobcenter muss nachweisen, dass die Voraussetzungen für den Forderungsübergang gegeben sind.

Im Streitfall und bei Unklarheiten sollte ein auf das Sozialrecht und zugleich auf das Arbeitsrecht spezialisierte Rechtsanwalt hinzugezogen werden werden, wie zum Beispiel ein Rechtsanwalt der Fachanwalt für Arbeitsrecht und zugleich Fachanwalt für Sozialrecht ist.