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Long-COVID und GdB – Grad der Behinderung

Corona überstanden, aber mit Long-COVID weiter eingeschränkt

Selbst nach leichten Corona-Krankheitsverläufen können gesundheitliche Problematiken über sehr lange Zeit bestehen, welche als Long-COVID bezeichnet werden. Vorliegender Artikel beschäftigt sich damit, ob sich wegen Long-COVID ein GdB (Grad der Behinderung) erlangen, bzw. erhöhen lässt. Wer wegen Long-COVID Fragen zur Rente wegen Erwerbsminderung und sonstigen Lohnersatzleistungen hat, sollte sich meinen gestrigen Artikel ansehen. Vorliegend geht es ausschließlich um Fragen des GdB.

Antrag erforderlich

Ein GdB wird nur auf Antrag zugesprochen. Dieser Antrag ist beim zuständigen Versorgungsamt zu stellen. Beispielsweise ist dies in Berlin das Landesamt für Gesundheit und Soziales (LaGeSo) und in Brandenburg das Landesamt für Soziales und Versorgung. Zunächst reicht es aus, zu schreiben: „Hiermit beantrage ich die Zuerkennung eines GdB in Höhe von mindestens 50 von Hundert.“ Ab diesem GdB hat man neben dem Kündigungsschutz auch den Zusatzurlaubsanspruch von 5 Tagen und kann vorzeitig ohne Abschläge, bzw. mit geringeren Abschlägen in Rente wegen Schwerbehinderung gehen.

Nach der Antragstellung schickt das Versorgungsamt einen Fragebogen zu, welcher auszufüllen und zurückzusenden ist. Auf dieser Grundlage wird das Versorgungsamt die entsprechenden ärztlichen Unterlagen anfordern und die Voraussetzungen für den GdB prüfen.

Ursache der Behinderung nicht entscheidend

Bei der Höhe eines GdB kommt es nicht darauf an, was die Ursache der Behinderung gesetzt hat. Die Behinderung kann beispielsweise von Geburt an vorliegen, durch einen Unfall oder eine Erkrankung. So kann auch Long-COVID zu einen Grad der Behinderung führen, abhängig von der Schwere der jeweiligen gesundheitlichen Einschränkungen.

Bemessung des GdB

Die Bestimmung des einzelnen Grades der Behinderung erfolgt anhand der Versorgungsmedizinverordnung. In dieser finden sich zu den einzelnen Gesundheitseinschränkungen zu gewährende GdB abhängig von der individuellen Schwere der Erkrankungen. Die jeweiligen Einzel-GdB werden nicht addiert. Vielmehr muss der Gesamt-GdB mindestens so hoch sein wie der höchste Einzel-GdB und erhöht sich entsprechend der Schwere und Vielzahl der weiteren vorliegenden Einzel-GdB. Liegt beispielsweise wegen einer Erkrankung der Wirbelsäule der höchste Einzel-GdB bei 40 und es liegen noch ein Einzel-GdB für die Psyche von 30 und für die Lungenerkrankung von 20 vor, könnte der Gesamt-GdB bei 50 liegen.

Long-COVID selbst nicht in Versorgungsmedizinverordnung enthalten

Naturgemäß ist für Long-COVID kein gesonderter GdB in der Versorgungsmedizinverordnung enthalten. Vielmehr sind bei der Vielschichtigkeit der Long-COVID Erkrankungen die einzelnen gesundheitlichen Einschränkungen und deren Schwere zu betrachten. So können die Lungenfunktionseinschränkungen geringen Grades zu einem GdB von 20 – 40 führen und schweren Grades zu einem GdB von 80 – 100. Psychische Traumen, welche gerade nach Erlebnissen auf Intensivstationen vorkommen, sind ebenfalls ihrer Schwer nach zu beurteilen. So führen leichte psychische Störungen zu einem GdB von 0 – 20 und schwere psychische Störungen mit schweren sozialen Anpassungsschwierigkeiten zu einem GdB von 80 – 100. Entsprechend wird anhand der medizinischen Unterlagen und Begutachtung auch jede andere Krankheit und deren Schwere individuell geprüft.

Rechtsmittel und Gerichtskosten

Sollte der Antrag entweder abgelehnt werden oder nicht im begehrten Umfang stattgegeben werden, ist gegen diesen Bescheid innerhalb eines Monats Widerspruch einzulegen. Das Versorgungsamt darf grundsätzlich keine Gebühren für das Widerspruchsverfahren verlangen, wie auch nicht für die notwendigen Ermittlungen (Anforderung Befundberichte, Gutachten).

Sollte dem Widerspruch nicht mit einem Abhilfebescheid stattgegeben werden, sondern ein Widerspruchsbescheid ergehen, ist innerhalb eines Monats beim Sozialgericht des eigenen Wohnsitzes die Klage einzureichen. Das Sozialgericht verlangt keine Gebühren für das Gerichtsverfahren und die selbst vom Sozialgericht eingeleiteten Ermittlungen, wie Befundberichte anfordern, Gutachterbeauftragung usw. Selbst wenn das Sozialgerichtsverfahren nicht erfolgreich sein sollte, kann das Versorgungsamt ebenfalls keine Gebühren erheben.

Rechtsanwaltskosten und Erstattung

Bei der Beauftragung eines Rechtsanwalt, Fachanwalts für Sozialrecht, entstehen Rechtsanwaltsgebühren im Widerspruch-, wie im Klageverfahren. Sofern eine eintrittspflichtige Rechtsschutzversicherung besteht, übernimmt diese im Rahmen des Versicherungsvertrages Rechtsanwaltsgebühren. Beim teilweisen oder vollständigen Obsiegen bestimmt das Sozialgericht auf Antrag, ob und in welchem Umfang das Versorgungsamt Rechtsanwaltsgebühren zu erstatten hat.

Ohne Antrag kein GdB (Grad der Behinderung)

Zuständiges Amt

Wer einen GdB haben möchte, muss bei der zuständigen Behörde einen Antrag auf Anerkennung der Schwerbehinderteneigenschaft stellen. Zuständig ist beispielsweise im Land Brandenburg das Landesamt für Soziales und Versorgung und im Land Berlin das Landesamt für Gesundheit und Soziales. Für den Betroffenen kommt es immer darauf an, wo er zum Zeitpunkt der Antragstellung seinen Wohnsitz hat. In diesem Land ist der Antrag zu stellen.

Form des Antrages

Es gibt für die Antragstellung keine vorbeschriebene Form. Der Antrag ist formlos möglich, beispielsweise durch ein Schreiben an das zuständige Amt: „Hiermit beantrag ich mir einen Grad der Behinderung zuzuerkennen.“

Man kann bei der Antragstellung natürlich auch die Formulare benutzen, welches die jeweils zuständigen Ämter auf ihren Internetseiten zur Verfügung stellen. Hat man dieses Formular nicht, bekommt man nach dem formlosen Antrag vom zuständigen Amt das entsprechende Formular zugeschickt.

Antragsdatum

Das Antragsdatum ist bereits das Datum vom Eingang des formlosen Antrages. Dieses Antragsdatum ist entscheidend dafür, ab wann der GdB zuerkannt werden kann. Geht beispielsweise Ende Dezember der Antrag beim Amt ein, das ausgefüllte Antragsformular jedoch erst im Januar, ist der festgestellte GdB trotzdem bereits ab Dezember zuzuerkennen. Dies kann unter anderem aus steuerlichen Gründen oder wegen dem Kündigungsschutz Schwerbehinderter relevant sein.

Rückwirkende Feststellung

Für ausnahmsweise rückwirkende Feststellung der Schwerbehinderung müsste gegenüber dem Amt das besondere Interesse an dieser rückwirkenden Feststellung glaubhaft gemacht werden und sich der Nachweis erbringen lassen, dass die Schwerbehinderung schon ab dem Datum der rückwirkenden Feststellung offenkundig war.

Rechtsmittel

Sollte der angestrebte GdB nicht oder nicht zum beabsichtigten Zeitpunkt festgestellt werden, ist das Rechtsmittel des Widerspruchs gegeben. Sollte dieser Widerspruch mit einem Widerspruchsbescheid zurückgewiesen werden, ist das Rechtsmittel der Klage beim Sozialgericht gegeben. Für Widerspruch und Klage beträgt die Frist jeweils lediglich einen Monat. Daher sollte zeitnah fachanwaltliche Beratung und Unterstützung eingeholt werden.