Mehrbedarf bei Untergewicht

Untergewicht kann Anspruch auf Mehrbedarf bei Hartz-IV-Leistungen begründen

Krankheitsbedingtes Untergewicht kann einen Anspruch auf höhere Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch II (sogenannte Hartz-IV-Leistungen) bedeuten.

Der junge Mann leidet an einer chronischen Erkrankung, die dazu führt, dass er bei einer Körpergröße von 1,78 Meter durchgängig nur noch ein Gewicht von knapp über 50 Kilogramm hat. Das zuständige Jobcenter lehnte die Bewilligung von Mehrbedarfsleistungen für eine kostenaufwändige Ernährung ab und berief sich zur Begründung auf eine amtsärztliche Stellungnahme.

Das SG Aurich gab der Klage auf Bewilligung des Mehrbedarfs nach Einholung von Berichten der behandelnden Ärzte des Mannes statt. Der amtsärztlichen Stellungnahme kam nach Überzeugung des Gerichts schon deswegen keine überwiegende Beweiskraft zu, weil diese nicht aufgrund beigezogener Arztberichte und auch ohne Untersuchung des jungen Mannes erstellt worden war. Die Berichte der Fachärzte hingegen belegten eine chronische Erkrankung und zeigten keinen Anhaltspunkt dafür, dass das Untergewicht nicht durch die Krankheit hervorgerufen wird.

Das Gericht führte aus, dass erwerbsfähige Hilfebedürftige, die aus medizinischen Gründen einer kostenaufwändigen Ernährung bedürfen, nach § 21 Abs. 5 SGB II einen Mehrbedarf in angemessener Höhe erhalten. Das zuständige Jobcenter habe die Voraussetzungen bei Leistungsempfängern medizinisch zu überprüfen, wenn es darauf hingewiesen wird.

Für das Bestehen medizinischer Gründe in diesem Sinne gäben die „Empfehlungen des Deutschen Vereins zur Gewährung von Krankenkostzulagen in der Sozialhilfe“ Hinweise. Diese Empfehlungen lägen in vierter aktualisierter Auflage vom 10.12.2014 vor. Sie besagten, dass bei chronisch kranken Menschen mit einem krankheitsbedingten BMI unter 18,5 von einem erhöhten Nahrungsbedarf auszugehen ist. Gebe es keine andere Ursache des Untergewichts, sei pro Monat ein Mehrbedarf von 10% der Regelbedarfsstufe 1 (aktuell 39,90 Euro) zu gewähren.

Urteil Sozialgericht Aurich vom 25.08.2015 zum Aktenzeichen S 55 AS 100/14

Fundstelle: Beck aktuell Nachrichten

Schulden Haushaltsenergie

Schulden für Haushaltsenergie – Jobcenter muss helfen

Das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen hat mit Beschluss vom 13.05.2013 zum Aktenzeichen L 2 AS 313/13 B ER entschieden, dass das Jobcenter Münster einem Hartz-IV-Empfänger vorläufig ein Darlehen zur Tilgung von Strom- und Gasschulden, Haushaltsenergie, in Höhe von rund 3.000 Euro bewilligen muss. Das Gericht sah keine andere Möglichkeit, die Wohnung des Leistungsempfängers wieder mit Strom, Haushaltsenergie, zu versorgen.

Bei dem Bedürftigen waren erhebliche Schulden bei Stadtwerken aufgelaufen. Das Jobcenter hatte bereits Abschläge für die Gasheizung – Haushaltsenergie an den Bedürftigen gezahlt. Jedoch hatte dieser dann die Zahlungen nur teilweise an die Stadtwerke weitergeleitet. Dadurch kam er mit den Abschlägen für Strom in Rückstand. Hierdurch häuften sich erhebliche Schulden bei den Stadtwerken für den Energieverbrauch an.

Trotz dieser Pflichtverletzungen des Bedürftigen ist das Jobcenter zur Übernahme der Energie-Schulden im Rahmen eines vorläufigen Darlehens verpflichtet, da ansonsten keine andere Möglichkeit gegeben war, die Wohnung des Bedürftigen wieder mit Energie zu versorgen. Selbst ein Anbieterwechsel schied wegen hoher Schulden aus.

In dieser Entscheidung hat das Landessozialgericht zugleich das Unterlassen einer Entscheidung durch das Jobcenter gerügt. Seit einem Jahr weigerte sich das Jobcenter  beharrlich, eine Entscheidung über die Darlehensgewährung zu treffen, obwohl der Leistungsberechtigte nach Ausbau der Zähler immer wieder dort vorgesprochen hatte. Zudem rügte das Gericht, dass das Jobcenter nicht einmal während des gerichtlichen Verfahrens die Bescheidung nachgeholt hat. Dem Jobcenter hätte bei Fortbewilligung der Leistungen zudem auffallen müssen, dass das Konto des hoch verschuldeten Bedürftigen keine Abbuchungen zu Gunsten der Stadtwerke ausgewiesen habe. Dadurch habe das Jobcenter gegen seine gesetzliche Pflicht zur Hilfe von Bedürftigen bei Kenntnis einer Notlage verstoßen.

Die Übernahme der Stromschulden durch ein vorläufiges Darlehen bedeutet zugleich, dass das Jobcenter die Möglichkeit der Verrechnung des Darlehens mit den laufenden Regelleistungen im Umfang der gesetzlichen Vorgaben hat und somit der Bedürftige letztendlich selbst die durch ihn verursachten Stromschulden begleichen muss und daher nicht besser gestellt wird, wie diejenigen, die ihre Stromkosten zeitnah an die Stadtwerke weiterleiten.

Bei Sanktion Erhöhung Bedarf der Mitbewohner

Erhöhung des Bedarfs der Mitbewohner durch Sanktion ausfallender Mietanteil eines anderen in Bedarfsgemeinschaft lebenden SGB-II-Beziehers

Das Bundessozialgericht hat mit Urteil vom 23.05.2013 zum gerichtlichen Aktenzeichen B 4 AS 67/12 R entschieden, dass sich der Bedarf der Mitbewohner erhöht, wenn einem SGB-II-Empfänger als Sanktion die Leistungen für Unterkunfts- und Heizaufwendungen entzogen werden. Diesen Mitbewohnern sind dann weitere Leistungen zur Verfügung zu stellen, welche In Höhe des sanktionsbedingt weggefallenen Mietkostenanteils sind. Das Bundessozialgericht ist sich bewusst, dass die Sanktion dadurch teilweise ins Leere läuft, dies könne jedoch zu keiner Änderung der gesetzlichen Lage führen, an welches sich das Gericht halten muss.

Vorliegend waren einem Mitglied der Bedarfsgemeinschaft, welche noch keine 25 Jahre alt war, nach mehreren Sanktionen die Leistungen für drei Monate vollständig entzogen worden. Für diesen Zeitraum bewilligte der SGB-II-Träger die Leistungen für die gesamte Bedarfsgemeinschaft neu, berücksichtigte bei der Klägerin und dem minderjährigen Sohn wie bisher einen Anspruch für die Kosten der Unterkunft nach dem sogenannten Kopfteilprinzip und setzte den Anteil des sanktionierten Mitglieds der Bedarfsgemeinschaft auf null Euro. Dieser ging nicht gegen seine Leistungskürzung vor. Die Klägerin und ihr minderjähriger Sohn machten im Sozialgerichtsverfahren geltend, dass die tatsächlichen Mietkosten nur noch zu zwei Dritteln übernommen würden.

Das Bundessozialgericht bestätigte die Vorinstanzen und sprach der Klägerin und ihrem minderjähriger Sohn jeweils weitere Leistungen für Kosten der Unterkunft in Höhe von insgesamt dem beim sanktionierten Sohn weggefallenen Betrag zu. Aufgrund  des sanktionsbedingten Wegfalls des Anteils des sanktionierten Sohns hätten sich die von ihnen tatsächlich zu tragenden Wohnungsaufwendungen erhöht. „Dieser Bedarf sei nach § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II zu übernehmen. Die Vorschrift sehe keine nur anteilige Übernahme der Kosten für Unterkunft und Heizung bei der Nutzung einer Wohnung durch mehrere Mitglieder einer Bedarfsgemeinschaft vor.“

Weiter führte das Bundessozialgericht aus, dass im Regelfall davon auszugehen sei, dass die Kosten für Unterkunft und Heizung anteilig pro Kopf aufzuteilen sind. „Dies gelte jedoch – trotz gemeinsamer Nutzung einer Wohnung – ausnahmsweise nicht, wenn bedarfsbezogene Gründe eine Abweichung vom Kopfteilprinzip erforderlich machen.“ Dies sei hier gegeben.

Insbesondere wies das Bundessozialgericht darauf hin, dass es keine Mithaftung der nicht sanktionierten Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft für Fehlverhalten des volljährigen Sohnes gibt. Selbst wenn die Sanktion damit teilweise ins Leere laufe würde, hätte dies jedoch keine Bedeutung für die Individualansprüche der beiden Kläger. Auch eine faktische Mithaftung sei im SGB II nicht vorgesehen.

Jobcenter

Gespräch beim Jobcenter zum Widerspruch

Aktuell mehren sich die Nachfragen aufgrund eines neuen Textbausteins des regionalen Jobcenters. Darin heißt es:

„Gesprächsangebot: Wenn Sie für sich die Möglichkeit sehen, dass Sie durch ein klärendes Gespräch Ihre Entscheidung ändern könnten, dann sollten wir diese Chance gemeinsam nutzen. Die Geschäftsleitung Ihres örtlichen Jobcenters steht Ihnen gern zur Verfügung. Bitte vereinbaren Sie einfach einen Gesprächstermin.“

Diesen Textbaustein erhalten aktuell Bedürftige, welche Widerspruch gegen einen Bescheid des Jobcenters eingelegt haben. Grundsätzlich ist ein ernst gemeintes Gesprächsangebot zur Klärung von Fragen und Streitigkeiten sinnvoll. Wie jedoch bereits aus dem ersten Satz hervorgeht, soll das Ziel des Gesprächs sein, dass die Kunden des Jobcenters zur Rücknahme des Widerspruchs bewegt und nicht darum, die aufgetretenen Fragen und Probleme zu klären. Die Bürger sollen ihrer Entscheidung zum Widerspruch ändern, also zurücknehmen. Damit wird jedoch der angegriffene Verwaltungsakt (Bescheid) rechtskräftig und der Bürger erklärt sich vollumfänglich mit dem Inhalt einverstanden. Wenn es so wäre, wäre überhaupt kein Widerspruch eingelegt worden. Aus bisherigen Erfahrungen muss ich vor mündlichen Gesprächen mit dem Jobcenter warnen. Nach meiner persönlichen Erfahrung ist dies eher Zeitverschwendung und der Bürger sitzt als Laie speziell ausgebildetem Fachpersonal gegenüber. Wer in seiner Sache sicher gehen möchte, sollte auf schriftliche Bescheidung der Widersprüche bestehen. Dann kann er anhand des Widerspruchsbescheides prüfen, ob ihn nunmehr die Auffassung der Behörde überzeugt oder nicht und dann gegebenenfalls gerichtlich die Entscheidung des Jobcenters prüfen lassen.

So wie niemand etwas unterschreiben sollte, was er nicht gelesen und verstanden hat, so sollten auch nicht vorschnell Widersprüche zurückgenommen werden zur Vermeidung von Rechtsverlusten, was zugleich mit finanziellen Verlusten verbunden sein kann. Wenn ein Bescheid für den Bürger offensichtlich falsch ist oder nicht verständlich und nicht  nachvollziehbar ist, dann ist auf jeden Fall der Widerspruch anzuraten. So erhält das Jobcenter als Behörde die Möglichkeit, den möglicherweise fehlerhaften Bescheid zu berichtigen, bzw. dem Bürger im Rahmen des gesetzlich vorgesehenen Widerspruchsbescheides den Bescheid nachvollziehbar, nachrechenbar und verständlich zu erklären. Erst dann kann der Bürger wissen, ob er sich für oder gegen eine Klage entscheiden soll. Ist auch der Widerspruchsbescheid nicht richtig oder verständlich, würde man ohne Klage nicht wissen, ob dieser rechtmäßig ist. Also hat es das Jobcenter mit für den Bürger verständlichen und rechtmäßigen Bescheiden in der Hand, ob Widerspruch und Klage eingereicht werden. Das sieht der Rechtsstaat und die vom Bundestag geschaffenen Gesetze vor und nicht den Bürger durch personelle oder intellektuelle Übermacht in einem Gespräch zur Rücknahme des Widerspruchs zu bewegen.

Schreibtisch über Hartz IV

Ein Anspruch auf Übernahme der Kosten für einen Schreibtisch für Schüler gegen das Jobcenter kann bestehen, wenn kein anderer geeigneter Ort zur Erledigung der Schulaufgaben vorhanden ist. Dies hat das Sozialgericht Berlin mit Urteil vom 15.02.2012 zum Aktenzeichen S 174 AS 28 285/11 WA entschieden.

Das Sozialgericht Berlin verweist auf die Entscheidung des Bundessozialgerichts vom 19.09.2008. Dieses hatte zum Aktenzeichen B 14 AS 64/07 R entschieden, dass der Anspruch auf Erstausstattung der Wohnung nicht notwendigerweise auf eine komplette Ausstattung der Wohnung ausgerichtet ist. Dieser Anspruch kann sich auch auf einzelne Gegenstände beziehen. Dabei fallen unter Erstausstattung „sämtliche Einrichtungsgegenstände, die für eine geordnete Haushaltsführung notwendig sind und die dem Leistungsberechtigten ein an den herrschenden Lebensgewohnheiten orientiertes Wohnen ermöglichst.“

Es ist im konkreten Einzelfall zu prüfen, wie die Wohnung ausgestattet ist, die räumliche Situation der Wohnung ist und im vorliegenden Fall, ob für das Kind ein Ort in der Wohnung vorhanden war, an welchen es seine Hausaufgaben ungestört verrichten kann. Vorliegend kam das Gericht zur der Auffassung, dass das Vorhandensein von eimen Schreibtisch im eigenen Zimmer notwendig war, um der Klägerin die Möglichkeit zu eröffnen, ihre Schulaufgaben in einer Atmospähre zu tätigen, die einen Lernerfolg vermuten lässt, zu bewältigen und der Gefahr begegnet, dass der Steuerzahler durch Inanspruchnahme der Leistungen für Bildung und Teilhabe mit weitaus höheren Kosten belastet wird, als die streitgegenständliche Kostenerstattung. Der Schreibtisch stellt hingegegen eine deutlich geringere Belastung des Steuerzahlers dar.

Pfändungsschutzkonto ohne extra Gebühren

Für das Pfändungsschutzkonto darf das Kreditinstitut keine höheren Gebühren verlangen als für ein Konto, bei welchen kein Pfändungsschutz besteht. Kreditinstitute haben die gesetzliche Pflicht, auf Antrag des Kontoinhabers ein bestehendes Girokonto in ein Pfändungsschutzkonto umzuwandeln. Hierfür dürfen Sie nach einem Urteil des Oberlandesgerichts Schleswig vom 26.06.2012 zum Aktenzeichen 2 U 10/11 keine zusätzlichen Gebühren für das Führen eines solchen Kontos erheben.

Der Bundesverband der Verbraucherzentralen erstritt dieses Urteil gegen eine Bank, welche für das Girokonto keine Gebühren erhob, jedoch in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen Gebühren für die Nutzung eines Pfändungsschutzkontos verlangte. Das Gericht stellte klar, dass die Bank für das Führen des Girokontos als Pfändungsschutzkonto kein höheres Entgelt verlangen dürfe, als die Bank für das Führen eines Girokontos mit vergleichbarem Leistungsumfang erhebt.

Das Gericht untersagte zugleich, den Nutzungsausschluss von ausgegebenen Karten infolge der Umwandlung des Girokontos in ein Pfändungsschutzkonto. Dies würde den Kunden ungemessen benachteiligen.

Ebenfalls für unzulässig erklärte das Gericht den Ausschluss der Rückumwandlung eines Pfändungsschutzkontos in ein Girokonto ohne Pfändungsschutz.

Trotz dieser Entscheidung verweigern einzelne Kreditinsitute die Führung des Pfändungsschutzkontos ohne extrag Gebühren, sondern verlangen für die Führung dieses Kontos höhere Gebühren als für ein normales Girokonto. Der Kunde kann sich dann an die Schlichtungsstelle oder die Bankanaufsicht wenden. Gegebenenfalls kommt unter Verweis auf das oben genannte Verfahren eine eigene Klage in Betracht.

Unterkunftskosten

Die Unterkunftskosten bestehend aus der Kaltmiete, der Nebenkosten und der Heizkosten müssen im Rahmen der Sozialhilfe von den Jobcentern und den Grundsicherungsätmer übernommen werden. Die Sozialgerichte setzten sich zunehmend kritisch mit den regionalen Richtlinien zu den Kosten für Unterkunft und Heizung auseinander. Vielfach stehen diese Richtlinien nicht im Einklang mit dem geltenden Recht, wie zum Beispiel in Ostprignitz-Ruppin. Daher können diese Richtlinien nicht genutzt werden, um Unterkunftskosten wegen angeblicher Unangemessenheit zu kürzen. Ist dies in der Vergangenheit erfolgt, könnten die Betroffenen einen Überprüfungsantrag stellen und eine Nachzahlung der bisher abgelehnten Unterkunftskosten beantragen. Ein Überprüfungsantrag ist nach aktueller Gesetzeslage bis zu Beginn des Vorjahres rückwirkend möglich. Mit der Änderungen der Vorschriften des SGB II und des SGB XII hat die Bundesregierung für Hartz IV den Überprüfungszeitraum auf ein Jahr beschränkt, welcher in den übrigen Zweigen der Sozialversicherung weiterhin 4 Jahre umfasst. Diese Verkürzung der Vierjahresfrist auf ein Jahr gilt für alle rechtlich und sachlich falschen Bescheide nach dem SGB II und SGB XII und beschränkt sich nicht nur auf die Kosten für Unterkunft und Heizung.

Bei der schierigen Materie, den unklaren Gesetzen und der sich ständig entwickelnden Rechtsprechung des Bundessozialgerichts und der Landessozialgericht zu den Unterkunftskosten empfiehlt es sich, die Hilfe eines auf das Sozialrecht spezialisierten Rechtsanwalts in Anspruch zu nehmen, wie einen Fachanwalt für Sozialrecht.

Beiträge zur privaten Krankenversicherung und Pflegeversicherung

Beiträge zur privaten Krankenversicherung und zur privaten Pflegeversicherung sind von denjenigen zu erbringen, welche nicht in der gesetzlichen Krankenversicherung und gesetzlichen Pflegeversicherung versichert sind. Bei der Beitragszahlung kommt es nicht darauf an, ob der Betreffende Geld hat, um die Beiträge zu zahlen. Die Beitragspflicht besteht unabhängig von der finanziellen Leistungsfähigkeit. Wenn der Betroffene die Beiträge nicht erbringen kann, kann er einen Antrag beim Grundsicherungsamt nach dem SGB II, auch Jobcenter genannt, oder beim Grundsicherungsamt nach dem SGB XII (für dauerhaft Erwerbsunfähige und Altersrenter) stellen, dass die Beiträge übernommen werden. Bereits dann, wenn man allein wegen der Beiträge sozialbedürftig wird, sind die Beiträge zu übernehmen. Besteht soziale Bedürftigkeit, sind die Beiträge zusätzlich zu den Sozialleistungen zu übernehmen. Die SGB II – Behörden müssen den vollen Beitrag für die private Krankenversicherung übernehmen, da seit dem 01.01.2009 für SGB II – Bezieher die Rückkehr von der privaten in die gesetzliche Krankenversicherung ausgeschlossen ist. Andernfalls würde eine Deckungslücke entstehen, die zu existenzbedrohenden Schulden führen würde. (LSG Nieders.-Bremen, L 15 AS 1048/09 B, Beschluss vom 03.12.2009 und LSG Saarland, L 9 AS 15/09, Urteil vom 13.04.2010)

Die Betroffenen sollten sich jedoch davor hüten, sich in die so genannte Basisversicherung zwingen zu lassen. Diese erbringt maximal die Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung und bezahlt den Ärzten erheblich weniger Vergütung, als für die gleiche Behandlung von der gesetzlichen Krankenversicherung gezahlt wird. Darüber hinaus ist kein Arzt – außer in Notfällen – verpflichtet, Versicherte des Basistarifs zu behandeln, zumal jeder Behandlung eines im Basistarif Versicherten für den Arzt bedeuten, dass er einen erheblichen Umfang der Behandlungskosten aus der privaten Tasche des Arztes zahlen muss.

Diese Deckungslücke würde nach dem LSG Niedersachsen-Bremen gegen die verfassungsrechtliche Pflicht des Staates zur Sicherstellung des Existenzminimums verstoßen.

Ersatz für bei Umzug zerstörte Möbel als Erstausstattung

Im Rahmen der Erstausstattung der Wohnung sind auch Leistungen für den Ersatz für beim Umzug zerstörte Möbel im Rahmen des SGB II zu erbringen. Der Gesetzeswortlaut geht nur von einer Erstausstattung und nicht von einer Ersatzausstattung aus. Nach Ansicht des Bundessozialgerichts (B 4 AS 77/08 R, 01.07.2009) sind die Ersatzbeschaffungen für beim Umzug zerstörte Möbel, welche auch bei einer tatsachlichen Erstausstattung übernommen werden müssten, wertungsmäßig den Fällen der Erstausstattung gleichzusetzen. Bei der Entscheidung des Gerichts ging es um einen vom Grundsicherungsträger veranlassten Umzug in eine angemessene Wohnung, wobei das Bett und der Schrank während des Umzugs so stark beschädigt wurden, dass diese nicht mehr zu gebrauchen waren.

Wenn Jobcenter diese Leistungen ablehnen, dann ist innerhalb der Monatsfrist Widerspruch einzulegen. Die Frist beginnt mit dem Tag des Zugangs des Bescheides. Bei Eilbedürftigkeit kann zugleich das Sozialgericht im Wege von einstweiligen Rechtsschutzverfahren zur Hilfe genommen werden. Wird der Widerspruch abgewiesen, ist innerhalb der Monatsfrist Klage bei Sozialgericht zu erheben. Sollte die Verwaltung die gesetzliche Frist von sechs Monaten für die Bearbeitung des Antrages oder die gesetzliche Frist von drei Monaten für die Bearbeitung des Widerspruchs nicht einhalten, ist beim Sozialgericht eine Klage wegen Untätigkeit möglich. Innerhalb der Monatsfrist muss der Widerspruch beim Jobcenter, bzw. die Klage beim Sozialgericht eingegangen sein. Dies sollte mit Nachweisen belegbar sein.

Unwirksame Befristung

Befristungen für Mitarbeiter in Hartz IV – Behörden sind nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 7 TzBfG unwirksam, da die Beschäftigung nicht für einen sachlich bedingten Zweck sondern „in Wahrheit zur Deckung eines ständigen und dauerhaften Bedarfs erfolgt.“ So das Bundesarbeitsgericht in seinem Urteil vom 17.03.2010 zum Aktenzeichen 7 AZR 843/08. Die betroffenen Mitarbeiter können ihre Arbeitgeber zur Entfristung unter Berufung auf dieses Urteil auffordern. Kommt der Arbeitgeber dem nicht freiwillig nach, muss jeder für sich eine Klage auf Unwirksamkeit der Befristung seines Arbeitsverhältnisses erheben.

Leider gibt es Jobcenter, bei welchen ohne gerichtliche Klärung kein Einvernehmen hergestellt werden kann. Dies zeigen weiterhin die extrem hohen Eingangszahlen von Klagen bei den Sozialgerichten, wie auch die Vielzahl der Anträge im vorläufigen Rechtsschutz. Gegenüber den eigenen Mitarbeitern wird zum Teil ein ähnlicher Umgang gepflegt, wie gegenüber den so genannten Kunden, d.h. den im Sinne des Sozialrechts Bedürftigen. Das betrifft nicht nur die arbeitsmäßige Überforderung, sondern zum Teil auch den zwischenmenschlichen Umgang. An der Anzahl und Dauer der Erkrankung von Mitarbeitern eines Jobcenters und an der Anzahl der Mitarbeiter, welche freiwillig diese an sich sicheren Arbeitsplätze verlassen, kann man Rückschlüsse auf die Qualität der Jobcenter als Arbeitgeber ziehen.