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Impfpflicht – arbeitsrechtliche und sozialrechtliche Folgen

Die nachfolgenden Ausführungen beschäftigen sich mit der „Einrichtungsbezogenen Impfpflicht“ und ihren Folgen für Arbeitgeber, Arbeitnehmer, sowie den möglichen Bezug von Arbeitslosengeld. Aufgrund der Vielschichtigkeit der Problemlagen ist immer der konkrete Einzelfall zu prüfen.

  1. Impfpflicht, die keine Impfpflicht ist

Die Befürworter und Gegner des Impfens führen massenweise populistische öffentliche Diskussionen für und gegen die beschlossene „Einrichtungsbezogene Impfpflicht“ ohne die Menschen darauf hinzuweisen, dass an keiner Stelle des Gesetztes eine Impfpflicht im eigentlichen Sinne zu finden ist.

  1. Ein Blick ins Gesetz schafft mehr Klarheit

Mit der Einfügung des § 20 a in das Infektionsschutzgesetzt wurde keine Impfpflicht eingeführt, sondern wie bereits die Überschrift des § 20 a verrät, Regelungen für einen „Immunitätsnachweis gegen COVID-19“ geschaffen. Wie dann auch das Lesen dieser neuen gesetzlichen Norm ergibt, spricht das Gesetz nicht von der Pflicht zur Impfung. Vielmehr geht es immer um diesen Immunitätsnachweis.

  1. Betroffene Einrichtungen und Unternehmen

Der Absatz 1 des § 20a Infektionsschutzgesetz benennt die Einrichtungen und Unternehmen, welche von der Erbringung des Immunitätsnachweises betroffen sind. Im Wesentlichen sind dies alle Gesundheitsberufe und Einrichtungen einschließlich im Pflegebereich und anderer genannter Einrichtungen und Dienstleistungen.

  1. Welche Nachweise sind zu erbringen?

Bis spätestens zum 15. März 2022 (24:00 Uhr) sind folgende Nachweise vorzulegen:

a) einen Impfnachweis im Sinne des § 2 Nummer 3 COVID-19-Schutzmaßnahmen-Ausnahmeverordnung in der jeweils gültigen Fassung,

oder

b) einen Genesenennachweis im Sinne des § 2 Nummer 5 der Covid-19-Schutzmaßnahmen-Ausnahmeverordnung in der jeweils geltenden Fassung,

oder

c) eine ärztliches Zeugnis darüber, dass sie auf Grund einer medizinischen Kontraindikation nicht gegen das Coronavirus SARS-CoV-2 geimpft werden können.

Soweit die oben genannten Nachweise ihre Gültigkeit auf Grund Zeitablaufs verlieren, sind rechtzeitig neue Nachweise vorzulegen.

  1. Unterscheidung nach Beginn der Beschäftigung

Der neue § 20 a unterscheidet zwischen den Beschäftigten

  • welche bis einschließlich 15.03.2022 die Tätigkeit begonnen haben (§ 20 a Absatz 2) und
  • welche, die ab dem 16.03.2022 neu tätig werden sollen (§ 20 a Absatz 3).

Diese Unterscheidung ist für die Vorgehensweise der Betroffenen und die Rechtsfolgen von entscheidender Bedeutung, insbesondere bezüglich der Bußgeldvorschriften, wie auch arbeits- und sozialrechtlichen Konsequenzen.

Praxishinweis: Sofern ein Wechsel zu einem neuen Arbeitgeber erfolgt, bzw. Arbeitgeber in den betroffenen Bereichen neue Mitarbeiter einstellen ohne Vorlage eines der gesetzlich geforderten Nachweise, sollte die Tätigkeit spätestens am 15. März 2022 beginnen. Anschließende Neueinstellung sind nach § 20 a Absatz 3 ohne Vorlage eines der gesetzlich geforderten Nachweise nicht erlaubt und werden nach § 73 Absatz 1a Nr. 7 g mit Bußgeldern von bis zu 2.500,00 € geahndet.

Für diejenigen, welche einen der erforderlichen Nachweise vor Beginn der Tätigkeit vorlegen, kann auch eine Aufnahme der Tätigkeit ab dem 16.03.2022 wie bisher erfolgen. Die Vorlage eines der genannten Nachweise stellt quasi eine Tätigkeitsvoraussetzung bei Aufnahme einer Tätigkeit in diesem Bereich ab dem 16.03.2022 dar. Ähnlich, wenn auch nicht ganz vergleichbar, wie wenn ein Kraftfahrer bei Aufnahme einer Kraftfahrertätigkeit im Besitz eines gültigen Führerschein und einer gültigen Fahrerlaubnis sein muss.

  1. Bereits am 15.03.2022 Tätige

Um diese Menschen rankt sich die Mehrheit der vielfältigen öffentlichen Diskussionen, welche jedoch zum großen Teil bei Befürwortern und Gegner der „Einrichtungsbezogenen Impfpflicht“ an der gesetzlichen Regelung vorbeigeht.

  • Vorlage eines Nachweises

Einer der genannten drei Nachweise muss bis zum 15.03.2022, 24:00 Uhr vorgelegt werden. Wird kein Nachweis vorgelegt oder der Arbeitgeber hat Zweifel an der Echtheit oder inhaltlichen Richtigkeit des vorgelegten Nachweises, muss der Arbeitgeber dies dem zuständigen Gesundheitsamt melden unter Angabe der persönlichen Daten des Betroffenen. Dies bedeutet, dass hier weder ein Impflicht, noch ein Beschäftigungsverbot besteht, sondern lediglich eine Meldepflicht des Arbeitgebers.

  • Entscheidung des Gesundheitsamtes

aa) Nach § 20a Absatz 5 kann das Gesundheitsamt bei Zweifeln an der Echtzeit oder der inhaltlichen Richtigkeit des vorgelegten Nachweises eine ärztliche Untersuchung dazu anordnen, ob die betroffene Person auf Grund einer medizinischen Kontraindikation nicht gegen den Coronavirus SARS.CoV.2 geimpft werden kann.

bb) Das Gesundheitsamt kann einer Person, die trotz Anforderung eines der gesetzlich angeforderten Nachweise diesen nicht innerhalb einer angemessenen Frist vorlegt und trotz Anordnung der ärztlichen Untersuchung sich dieser nicht unterzieht, untersagen, dass sie die Räume der Einrichtung betritt und untersagen, in einer der genannten Einrichtungen tätig zu werden. Hieraus ergibt sich folgender Ablauf:

  • ab dem 16.03.2022 Meldung an das Gesundheitsamt
  • Auflage des Gesundheitsamtes zur Vorlage des Nachweises, bzw. Unterziehung einer ärztlichen Untersuchung mit Setzung einer angemessenen Frist
  • beim Nichtnachkommen innerhalb der gesetzten Frist die Möglichkeit (nicht die Pflicht) des Gesundheitsamtes, eine Untersagung zum Betreten, bzw. Tätigwerden in den genannten Einrichtungen

Praxishinweis: Wenn der Arbeitgeber Interesse an der Beschäftigung von Mitarbeitern hat, welche spätestens am 15.03.2022 ihre Tätigkeit aufgenommen haben, jedoch keinen der gesetzlich geforderten Nachweise erbracht haben, dann sollte der Arbeitgeber bei seiner Meldung an das Gesundheitsamt nachvollziehbar begründen, warum diese Mitarbeiter trotzdem benötigt werden und beim Gesundheitsamt beantragen, kein Betretungsverbot und kein Beschäftigungsverbot für diesen Mitarbeiter auszusprechen. Dies könnte zum Beispiel der Fall sein, wenn der Betrieb ganz oder teilweise eingestellt werden müsste, Patienten nicht mehr sach- und fachgerecht ohne die Mitarbeiter versorgt werden könnten, der Sicherungsstellungsauftrag nicht mehr erfüllt werden könnte, …

Dann kann das Gesundheitsamt von seinem pflichtgemäßen Ermessen Gebrauch machen und beispielsweise andere Auflagen anordnen, wie Anzahl und Art der Testungen anstelle eines Betretungs- und Beschäftigungsverbotes.

  • Kündigung bei Vorlage eine gefälschten oder unrichtigen Nachweises

Legt ein Mitarbeiter einen gefälschten oder unrichtigen Nachweis vor, riskiert er die verhaltensbedingte und zugleich fristlose Kündigung des Arbeitsvertrages. Zwar kann der Arbeitnehmer innerhalb von drei Wochen ab Erhalt der Kündigung eine Kündigungsschutzklage erheben. Jedoch dürfte in den meisten Fällen das Vertrauensverhältnis so gestört sein, dass die Kündigung vom Arbeitsgericht bestätig wird. In diesem Fall würde die Agentur für Arbeit zunächst kein Arbeitslosengeld zahlen und eine Sperrzeit von 12 Wochen verhängen. Wer eine solche Sperrzeit erhält, dem wird der Anspruch auf Arbeitslosengeld insgesamt um ein Viertel gekürzt.

  • Kündigung bei Nichtvorlage von Nachweisen

Wer den gesetzlich geforderten Nachweis nicht bis zum 15.03.2022 vorlegt, erhält zwar kein Bußgeld, jedoch muss mit arbeitsrechtlichen Konsequenzen gerechnet werden. Grundsätzlich dürfte zunächst eine Abmahnung erforderlich sein, wenn eine gesetzliche Nachweispflicht gegenüber dem Arbeitgeber nicht erfüllt wird. Da das Gesetz jedoch keine Impfpflicht im eigentlichen Sinne, sondern nur die Vorlage des Nachweises vorschreibt, muss auch die Mitteilung an den Arbeitgeber bis zum 15.03.2022 genügen, dass ein solcher Nachweis nicht vorliegt, da weder eine Impfung erfolgt ist, noch ein Genesen-Status mangels Erkrankung vorliegt, noch ein Nachweis Kontraindikation erbracht werden kann. Dies löst dann die Pflicht des Arbeitsgebers zur Meldung an das Gesundheitsamt aus. Bei solch einer Mitteilung des Mitarbeiters dürfte keine Abmahnung gerechtfertigt sein und dann auch keine Kündigung.

Etwas anderes könnte jedoch gelten, wenn der Arbeitgeber ohne Anordnung des Gesundheitsamtes für sich entscheidet, den Mitarbeiter ein Betretungsverbot auszusprechen und diesen nicht zu beschäftigen. In einem solchen Fall könnte unter Umständen sogar der Vergütungsanspruch des Mitarbeiters trotz Nichtbeschäftigung vorliegen.

  • Kündigung bei Betretungsuntersagung und Beschäftigungsverbot durch das Gesundheitsamt

Hat das Gesundheitsamt ein Betretungsverbot und Beschäftigungsverbot ausgesprochen, darf der Arbeitgeber den Mitarbeiter nicht beschäftigen. Da das Gesetz aktuell bis zum 31.12.2022 befristet ist, ist die Beschäftigungsmöglichkeit nicht dauerhaft entfallen, sondern nur vorübergehend. Daher dürfte für den Arbeitgeber eine Kündigung recht schwierig sein. Erfolgt eine Kündigung, muss innerhalb der Frist von drei Wochen die Kündigungsschutzklage erhoben werden. Allerdings dürfte für den Zeitraum des Beschäftigungsverbotes auch kein Vergütungsanspruch gegen den Arbeitgeber bestehen. In diesem Fall sollte der Mitarbeiter sich unverzüglich bei seiner Agentur für Arbeit melden, sich der Vermittlung zur Verfügung stellen und Arbeitslosengeld beantragen. Da der Mitarbeiter keine gesetzliche Pflicht zur Impfung hat, jedoch wegen des vom Gesundheitsamt ausgesprochenen Beschäftigungsverbotes nicht arbeiten kann, trifft ihm kein Verschulden. Würde das Gesetz nicht eine Nachweispflicht, sondern eine tatsächliche Impfpflicht vorschreiben, sähe die Sache anders aus. Im Falle der Verhängung einer Sperrzeit seitens der Agentur für Arbeit, sollte daher gegen diesen Bescheid innerhalb der Monatsfrist Widerspruch eingelegt werden.

  • Gesetzgeber hat bewusst die Unterscheidung Beschäftigungsbeginn 16.03.2022 getroffen

Hätte der Gesetzgeber gewollt, dass nach dem 15.03.2022 in den Einrichtungen der vermeintlichen „einrichtungsbezogenen Impfpflicht“ keine Mitarbeiter tätig sind, welche nicht geimpft sind, dann wäre die Unterscheidung zwischen den bereits spätestens am 15.03.2022 in den Einrichtungen Tätigen und den Neueinstellungen nach dem 15.03.2022 nicht erforderlich gewesen. Mithin besteht nur für die Neueinstellung ab dem 16.03.2022 eine Nachweispflicht als Tätigkeitsvoraussetzung. Für die bereits am 15.03.2022 Tätigen besteht nur eine Meldepflicht an das Gesundheitsamt und die Möglichkeit von Verfügungen des Gesundheitsamtes.

Andernfalls würden im Gesundheit- und Pflegebereich bei zu geringen Impfquoten der bereits am 15.03.20222 Tätigen die erforderlichen Arbeiten nicht mehr sichergestellt werden können. Die Patienten und Pflegebedürften könnten nicht mehr, bzw. nicht mehr im ausreichenden Umfang versorgt werden. Diesen Umstand haben die Gesundheitsämter bei ihren individuellen Entscheidungen zu berücksichtigen.

Abfindung nach Kündigung

„Eine Abfindung bekomme ich immer, wenn ich gekündigt werde!“

Stimmt das? Oder muss ich um die Abfindung kämpfen?

Kündigungsschutzklage und Abfindung

Die häufigste Form einer Abfindung nach einer Kündigung des Arbeitgebers ist der arbeitsgerichtliche Vergleich. Die Höhe der Abfindung wird individuell ausgehandelt und orientiert sich in der Regel an einem halben Monatsbruttogehalt pro Beschäftigungsjahr. Bei zehn Beschäftigungsjahren wären dies fünf Monatsbruttogehälter. Beim Umfang der Abfindung ist insbesondere das wirtschaftliche Risiko des Arbeitgebers von entscheidender Bedeutung. Je höher dieses Risiko des Arbeitgebers ist, umso höher fällt zumeist die Abfindung aus. Daher ist sowohl für Arbeitnehmer, wie auch für den Arbeitgeber von Vorteil, wenn sie sich durch einen spezialisierten Fachanwalt für Arbeitsrecht vertreten lassen.

Eine Kündigungsschutzklage muss spätestens drei Wochen nach Zugang der Kündigung beim Arbeitsgericht eingegangen sein. Wird die dreiwöchige Klagefrist versäumt, kann das Arbeitsgericht die Kündigung nicht mehr prüfen. Auch der Arbeitgeber hat keine Veranlassung bei versäumter Klagefrist die Abfindung zu zahlen, bzw. zu erhöhen.

Immer Anspruch auf Abfindung?

Es besteht der weit verbreitete Irrglauben, dass man infolge einer Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitgeber immer eine Abfindung bekommt. Dies ist jedoch nicht so. Es gibt keinen generellen gesetzlichen Anspruch auf eine Abfindung.

Arbeitsvertraglicher Anspruch auf Abfindung

Die wenigsten Arbeitnehmer haben in Ihrem Arbeitsvertrag eine Abfindungsvereinbarung. Solche Abfindungsvereinbarungen sind zumeist nur in Arbeitsverträgen von Geschäftsführern, Prokuristen oder in Anstellungsverträgen von Vorständen enthalten. Ohne eine Vereinbarung im Arbeitsvertrag besteht kein arbeitsvertragliche Anspruch auf eine Abfindung.

Abfindung aus Sozialplan

Existiert im Betrieb ein Betriebsrat, kann ein Sozialplan vorliegen. Betriebsräte können mit dem Arbeitgeber in Sozialplänen vereinbaren unter welchen Bedingungen Arbeitnehmer des Betriebes einen Anspruch auf Abfindung haben und wie hoch diese Sozialplanabfindung ist. Zusätzlich zu dieser Sozialplanabfindung kann es im Rahmen einer Kündigungsschutzklage beim arbeitsgerichtlichen Vergleich eine weitere Abfindung geben, welche neben der Sozialplanabfindung zu zahlen ist.

Abfindung aus Gesetz nach § 1a Kündigungsschutzgesetz

Sofern der Arbeitgeber in der Kündigungserklärung darauf hinweist, dass die Kündigung aus dringenden betrieblichen Erfordernissen erfolgt und der Arbeitnehmer bei Verstreichenlassen der Klagefrist für eine Kündigungsschutzklage eine Abfindung beanspruchen kann, sind die Voraussetzungen des § 1 KSchG erfüllt. In diesem Fall kann der Arbeitnehmer, der keine Kündigungsschutzklage erhebt, vom Arbeitgeber die Abfindung beanspruchen. Die Höhe dieser Abfindung beträgt ein halbes Monatsverdienst für jedes Jahr des Bestehens des Arbeitsverhältnisses. Hierbei wird ein Zeitraum von mehr als sechs Monaten auf ein volles Jahr aufgerundet.

Abfindung nach Auflösungsantrag des Arbeitnehmers

Ein Ausnahmefall ist in § 9 KSchG geregelt. Wenn das Gericht feststellt, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst wird, jedoch dem Arbeitnehmer ist die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht zumutbar, kann der Arbeitnehmer einen Auflösungsantrag stellen. Sind die hohen Anforderungen an die Unzumutbarkeit erfüllt, stellt das Arbeitsgericht die Auflösung des Arbeitsverhältnisses fest und der Arbeitgeber wird zu einer angemessenen Abfindung verurteilt.

Abfindung nach Auflösungsantrag des Arbeitgebers

Die gleiche Entscheidung kann das Arbeitsgericht auf den Auflösungsantrag des Arbeitgebers treffen. Dies erfordert, dass Gründe vorliegen, die eine den Betriebszwecken dienliche weitere Zusammenarbeit zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer nicht erwarten lassen.

Höhe der Abfindung bei Auflösungsanträgen

Die Höhe der Abfindung ist in diesem Fall auf zwölf Monatsverdienste begrenzt. Sofern die zusätzlichen Voraussetzungen nach § 10 Absatz 2 KSchG vorliegen, kann die Abfindung infolge eines Auflösungsantrages bis zu achtzehn Monatsverdienste betragen.

Abfindung und Auflösungsvertrag

In Rahmen von Auflösungsverträgen ist ebenfalls eine Vereinbarung über die Höhe der Abfindung üblich. Insbesondere Arbeitnehmer sollten vor Unterzeichnung eines Auflösungsantrages diesen durch einen Fachanwalt für Arbeitsrecht prüfen lassen. Die Agentur für Arbeit prüft bei Aufhebungsverträgen immer, ob eine Sperre infolge des Auflösungsvertrages möglich ist. Daher muss der Auflösungsvertrag auch in dieser Hinsicht sicher gestaltet werden. Eine Sperre beim Arbeitsamt bedeutet, dass der Anspruch auf das Arbeitslosengeld um drei Monate zu Beginn der Arbeitslosigkeit gekürzt wird, d.h. kein Arbeitslosengeld gezahlt wird. Folge einer solchen Sperre ist zudem, dass der Anspruch des Arbeitslosengeldes insgesamt um ein Viertel gekürzt wird, dass am Ende des Arbeitslosengeldbezuges nochmals eine Kürzung des Arbeitslosengeldes von bis zu drei Monaten möglich ist.

Freiwilliges Angebot des Arbeitsgebers auf Abfindung

Vereinzelt wird bei der Kündigung freiwillig vom Arbeitgeber eine Abfindung gezahlt. Dies ist nach unserer Erfahrung jedoch der Ausnahmefall.

Zusätzliche Prüfungen im Kündigungsschutzverfahren

In Kündigungsschutzverfahren beim Arbeitsgericht wird durch den Rechtsanwalt u.a. zugleich geprüft, ob die Kündigung rechtens ist, zusätzlich offene Vergütung geltend zu machen ist, noch Urlaubsansprüche bestehen oder das Zeugnis zu erteilen oder zu berichtigen ist.

Abfindung und Beiträge zur Sozialversicherung

Abfindungen im Rahmen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses unterliegen grundsätzlich nicht den Beiträgen zur Sozialversicherung. Sie sind somit beitragsfrei. Daher kann es im Einzelfall sinnvoll sein, mit einer „Turbo-Klausel“ in der Abfindungsvereinbarung das Beschäftigungsverhältnis früher beenden zu lassen und die ersparte Arbeitnehmerbruttovergütung als zusätzliche Abfindung zu vereinbaren.

Abfindung und Steuer

Es gibt bei Abfindungen und der Einhaltung bestimmter steuerlicher Vorgaben eine günstigere Besteuerung der Abfindung gegenüber der Besteuerung von Arbeitseinkommen. Diese Fragen sollten individuell mit dem Steuerberater geklärt werden.

Bei eigenmächtigen Urlaubsantritt ist eine außerordentliche fristlose Kündigung gerechtfertigt

Das Gesetz: § 626 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch)

Hiernach kann das Arbeitsverhältnis vom Arbeitgeber aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, auf Grund derer ihm unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses selbst bis zum Ablauf der Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann.

Aktuelles Urteil bestätigt jahrzehntealte Rechtsprechung

Das LAG Baden-Württemberg hat mit Urteil vom 01.10.2020 zum Aktenzeichen 17 Sa 1/20 bestätigt, dass auch während eines laufenden Kündigungsschutzverfahrens und eines Prozessarbeitsverhältnisses der eigenmächtige Urlaubsantritt einen solchen wichtigen Kündigungsgrund darstellt.

Wörtlich führt das Gericht aus:

„Tritt der Arbeitnehmer eigenmächtig einen vom Arbeitgeber nicht genehmigten Urlaub an, so verletzt er damit seine arbeitsvertraglichen Pflichten. Der Arbeitnehmer, der sich selbst beurlaubt, verletzt nicht eine bloße Nebenpflicht aus dem Arbeitsverhältnis, er verletzt vielmehr die Hauptpflicht zur Arbeitsleistung, von der er mangels einer Urlaubsbewilligung durch den Arbeitgeber nicht wirksam entbunden ist.

Die Urlaubsgewährung erfolgt nach § 7 BUrlG durch den Arbeitgeber. Lehnt dieser die Urlaubserteilung ohne ausreichende Gründe ab oder nimmt in zumutbarer Zeit zu dem Urlaubsantrag keine Stellung, so kann der Arbeitnehmer durch eine Leistungsklage oder ggf. einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung seine Ansprüche durchsetzen. Ein Recht des Arbeitnehmers, sich selbst zu beurlauben, ist angesichts des umfassenden Systems gerichtlichen Rechtsschutzes grundsätzlich abzulehnen.“

Bereits mit Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 26.04.1960 zum Aktenzeichen 1 AZR 134/58 wurde vor 60 Jahren klargestellt: „Das Selbstbeurlaubungsrecht besteht auch nicht nach Ausspruch einer ordentlichen Kündigung während der laufenden Kündigungsfrist.“

Abmahnung ist entbehrlich

Zugleich bestätigte das Landesarbeitsgericht im genannten Urteil, dass in einem Fall des eigenmächtigen Urlaubsantritts eine Abmahnung entbehrlich ist.

Abfindungsanspruch geht verloren

Hat der Arbeitnehmer bereits einen Abfindungsanspruch, zum Beispiel aus Sozialplan oder einem Abfindungsvergleich, geht mit einer vorherigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses wegen außerordentlicher fristloser Kündigung grundsätzlich  der Anspruch auf Abfindung verloren. Das Arbeitsverhältnis wurde dann wegen des Fehlverhaltens des Arbeitsnehmers fristlose aufgelöst und nicht aus dem Grund, weshalb der Abfindungsanspruch ursprünglich gegeben war.

Zusätzlich Gefahr der Kürzung des Arbeitslosengeldes um ein Viertel

Entsprechend ist Arbeitnehmern auch bei erfolgter Kündigung dringend davon abzuraten, sich selbst zu beurlauben. Neben der zusätzlichen fristlosen außerordentlichen Kündigung muss der Arbeitnehmer in einen solchen Fall mit einer Sperrzeit des Arbeitslosengeldes von drei Monaten rechnen. Bei der Kürzung des Arbeitslosengeldes mit dieser Sperrzeit wird das Arbeitslosengeld insgesamt um ein Viertel gekürzt. Wer bereits eine Anspruchsdauer von mehr als einem Jahr Arbeitslosengeld hat, verliert nicht nur zu Beginn, sondern auch nochmals zum Ende des Bezugs von Arbeitslosengeld seinen Anspruch auf Zahlung des Arbeitslosengeldes. Bei einer Bezugsdauer des Arbeitslosengeldes von zwei 2 Jahren wird dieses somit insgesamt um ein halbes Jahr gekürzt.

Fristlose Kündigungen haben auch bei Neulingen die gleichen Voraussetzungen

Der Arbeitgeber muss in der Regel vor einer fristlosen Kündigung abmahnen. Die Abmahnung soll dem Arbeitnehmer sein Fehlverhalten vor Augen führen und die Möglichkeit schaffen, sich zukünftig vertragstreu zu verhalten. Insbesondere, wenn der Arbeitnehmer lediglich einmal unentschuldigt gefehlt hat, kann eine Abmahnung als milderes Mittel gegenüber der Kündigung ein verändertes Verhalten bewirken. Dies gilt auch dann, wenn der Arbeitnehmer bereist am dritten Arbeitstag unentschuldigt fehlt. So hat das Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein mit Urteil vom 03.06.2020 zum Aktenzeichen 1 Sa 72/20 entschieden.

In der Probezeit ist die ordentliche Kündigung ohne Angabe von Gründen möglich

Auch wenn in der Probezeit, welche bis zu sechs Monate vereinbart werden kann, eine ordentliche fristgerechte Kündigung ohne Angaben von Gründen möglich ist und die Arbeitnehmerin bis zur ordentlichen Beendigungsfrist arbeitsunfähig erkrankt war, war eine Klage gegen die fristlose Kündigung sinnvoll.

Vermeidung Sperrzeit

Eine fristlose verhaltensbedingte Kündigung führt regelmäßig beim Arbeitslosengeld zu einer Sperrzeit von drei Monaten. Wer eine Sperrzeit von drei Monaten erhält, bei dem wird der Anspruch auf das Arbeitslosengeld um ein Viertel gekürzt. Dies ist für Arbeitnehmer relevant, welche einen Anspruch von Arbeitslosengeld von mehr als zwölf Monaten haben.

Arbeitgeber hielt (fehlerhaft) eine Abmahnung für entbehrlich

Die Kündigungsschutzklage der Arbeitnehmerin war erfolgreich. Sie hatte Anspruch auf die Einhaltung der gesetzlichen Kündigungsfrist. Der Arbeitgeber argumentierte mit einem “gescheitertem Arbeitsverhältnis“. Daher meinte er fehlerhaft, dass eine Abmahnung offensichtlich entbehrlich gewesen sei. Das Arbeitsgericht gab der Klägerin Recht. Dem wollte der Arbeitgeber nicht folgen und legte eine Berufung gegen das Urteil ein.

Landesarbeitsgericht sah die fristlose Kündigung für unwirksam an Nach dem Urteil des Landesarbeitsgerichts war die außerordentliche fristlose Kündigung unwirksam, da es an einer vorherigen Abmahnung fehlte. Das Gericht sah keine Anhaltspunkte dahingehend, dass die Arbeitnehmerin nach einer möglichen und erforderlichen Abmahnung auch zukünftig unentschuldigt der Arbeit ferngeblieben wäre. Nur wenn die Pflichtverletzung der Arbeitnehmerin so schwerwiegend gewesen wäre, dass eine Abmahnung ausnahmsweise entbehrlich gewesen wäre, hätte eine fristlose Kündigung ausgesprochen werden können. Dies war jedoch vorliegend nicht der Fall.