Verfassungswidrige Festlegung der SGB II-Regelbedarfe

Ob der neue SGB II – Regelsatz verfassungsmäßig ist, muss das Bundesverfassungsgericht entscheiden. Das Sozialgericht Berlin hat mit Beschluss vom 25.04.2012 zum Aktenzeichen S 55 AS 9238/12 das Verfahren ausgesetzt und dem Bundesverfassungsgericht die Frage zur Entscheidung vorgelegt, ob die Regelleistungen insoweit mit Art. 1 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 20 Abs. 1 GG und dem sich daraus ergebenden Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums vereinbar sind, als die für die Höhe der Grundsicherungsleistung maßgeblichen Regelbedarfe für als Ehegatten zusammenlebende erwachsene Hilfebedürftige für das Kalenderjahr 2011 auf einen Betrag von 328,00 € und für das Kalenderjahr 2012 auf einen Betrag von 337,00 € und für die Leistungen von 15-18-Jährigen in Höhe von 287,00 € festgelegt worden sind.

Das Sozialgericht sieht die Verfassungswidrigkeit im Wesentlichen darin, dass mit dem Gesetz von den Strukturprinzipien des Statistikmodells ohne sachliche Rechtfertigung abgewichen ist und wesentlich wertende Entscheidungen unter Missachtung des Gestaltungsspielraums fehlerhaft getroffen wurden. Betroffen ist die Festlegung der Referenzgruppe der Bedarfe für Alleinstehende, indem lediglich die unteren 15 % der alleinstehenden Haushalte zugrunde gelegt und darauf die Bedarfe der zusammenlebenden Ehegatten und Partner gestützt worden sind. Besondere Bedarfssituationen einer Familie sind auch nicht berücksichtigt worden. Des Weiteren wird die Einbeziehung studentischer Haushalte abgelehnt, da BaföG-Leistungen selbst eine existenzsichernde Funktion haben und daher gar nicht den Bedarf bestimmen können sowie solcher Haushalte, die Transferleistungen beziehen.

Betreffend das Ansparmodell langlebiger Konsumgüter (wie Kühlschrank, Waschmaschine usw.) wird kritisiert, dass nach den zugrunde gelegten Zahlen Gebrauchsgüter für einen solchen langen Zeitraum nicht erworben werden können.

Den Teilhabeaspekt sieht es durch die Kürzung von Aufwendungen für Verkehr, auch wenn die Nutzung eines KFZ nicht zum existentiellen Bedarf zählt, alkoholischer Getränke sowie anderer Güter und Dienstleistungen verletzt.

Bei den Jugendlichen wird bemängelt, dass die Teilhabebedarfe aus dem Regelbedarf entnommen worden sind und nunmehr nur noch über § 28 SGB II in einem abgeschlossenen Leistungskatalog gewährt werden.

Das Sozialgericht kommt zu dem Ergebnis, dass der dreiköpfigen Bedarfsgemeinschaft monatlich 100 EUR Leistungen verfassungswidrig vorenthalten werden.

Entsprechend wurde schon länger auf eine solche Vorlage beim Bundesverfassungsgericht gewartet. Betroffene sollten wie beim letzten Vorlagebeschluss Widerspruch gegen die Bewilligungsbescheide und Neufeststellungsanträge unter Verweis auf dieses Verfahren einlegen, damit die Chance auf Nachzahlung besteht, falls das Bundesverfassungsgericht höhere Regelleistungen zuspricht.