Therapiestuhl für Kindergarten

Mit Entscheidung vom 03.11.2011 hat das Bundessozialgericht bestätigt, dass die gesetzliche Krankenversicherung verpflichtet ist, im Rahmen der Mobilitätshilfen zum mittelbaren Behinderungsausgleich einen Therapiestuhl zu übernehmen, soweit dies zum Schulbesuch oder zur Integration in der kindlichen und jugendlichen Entwicklungsphase erforderlich ist. Dieser Anspruch geht  bei Kindern und Jugendlichen weiter als bei erwachsenen Versicherten. „Hinsichtlich des Besuchs einer heilpädagogischen oder integrativen Kindertageseinrichtung ist bislang indes noch keine höchstrichterliche Rechtsprechung ergangen. Der Senat hatte lediglich in einer Entscheidung zur häuslichen Krankenpflege die Pflicht zur versichertenfreundlichen Auslegung der leistungsrechtlichen Vorgaben des SGB V vor dem Hintergrund des § 2 Abs 1 SGB I als geboten angesehen, wozu bei Kindern die Wiederherstellung und Sicherung der Möglichkeit zur sozialen Integration unter Gleichaltrigen in einem Kindergarten bzw. einer Kindertagesstätte sowie der Schulfähigkeit nach Eintritt der Schulpflicht gehört (BSGE 90, 143 = SozR 3-2500 § 37 Nr 5).“

Das Bundessozialgericht sieht den Besuch einer Kindertageseinrichtung nicht als allgemeines Grundbedürfnis des täglichen Lebens an. „Noch nicht der Schulpflicht unterliegende gehbehinderte Kinder im Alter zwischen drei und sechs Jahren können aber gleichwohl die Zweitausstattung mit einem weiteren Therapiestuhl auf Kosten der GKV verlangen, wenn der bereits vorhandene heimische Therapiestuhl wochentäglich nicht oder nur mit unzumutbarem Aufwand zum Kindergarten transportiert werden könnte und bei diesen Kindern deshalb die Förderung ihrer Schulfähigkeit sowie die Integration in den Kreis Gleichaltriger nicht gesichert wären.“

Zugleich stellt das Bundessozialgericht klar: „Zentrales Ziel der Kinderförderung ist nicht nur die Betreuung, sondern auch die Bildung und Erziehung der Kinder, wobei dem Bildungsauftrag nach dem Willen des Gesetzgebers eine besondere Bedeutung zukommt (vgl § 22 SGB VIII)… Deshalb hat die GKV auch schon in diesem vorschulischen Bereich ab Vollendung des 3. Lebensjahres eines behinderten Kindes dafür Sorge zu tragen, dass eine ausreichende und den möglichst reibungslosen Besuch von Kindertagesstätten zulassende Versorgung mit Hilfsmitteln erfolgt.“  (Aktenzeichen des Bundessozialgericht: B 3 KR 13/10 R-, B 3 KR 8/11 R und B 3 KR 7/11 R)

Im vorliegenden Rechtsstreit ging es um eine Kostenerstattung für den Therapiestuhl, da die Krankenkasse die Übernahme im Vorfeld abgelehnt hatte und die Betroffenen dieser erst mal aus der eigenen Tasche bezahlt haben.